Mülheim. .

Ein Raum voller Geigen, im Flur warten Gitarren geduldig auf ihren Transport, ein Kontrabass steht im Übungsraum der Streicher verloren in der Ecke. Aber die eigentliche Herausforderung an diesem Umzugs-Samstag sind die Tasteninstrumente: Die neun Flügel, darunter zwei kostbare Steinways, und zahlreiche Klaviere sind auch für das Spezialteam aus Wuppertal eine Herausforderung. Dirk Borgmann, Inhaber von Borgmann Klavier- und Spezialtransporte, ist gelassen und sortiert in aller Ruhe seine Gurte. „Wir sind mit vier Mann und zwei Transportern da. Einen Flügel bekommt man nur zu viert transportiert.“

Zum Warm werden gibt’s ein Klavier

Nachdem sich die kräftigen Männer mit den Klavieren, die pro Stück mehr als 200 kg wiegen, aufgewärmt haben, geht es schließlich an den ersten Flügel. Das vordere linke Bein wird abgenommen, der Transportschlitten an der Seite befestigt, damit das Instrument gekippt und Gurte durchgezogen werden können. Die Klappen werden mit Gurten gesichert, der Flügel auf die Seite gelegt, die anderen Beine und Pedale professionell abmontiert, der Torso bis zur Treppe auf einem Rollwagen gerollt.

Zwei Mann vorne, zwei hinten, der Flügel wird kurz zur Probe angehoben. Sind die Rückengurte gut eingestellt, ist das Gewicht richtig gelagert? Die Männer lächeln nicht mehr, sondern manövrieren konzentriert das 300 bis 400 kg schwere Instrument – und dieser Flügel gehört zu den leichteren Exemplaren – über die geschwungenen Treppen aus dem zweiten Stock nach draußen.

Mitarbeiter Benjamin Knigge weiß, dass er nach diesem Tag reif für Sofa oder Badewanne sein wird. „Solche Aufträge sind aber nicht die Regel. Sonst transportieren wir maximal zehn Instrumente pro Tag.“ Am neuen Standort wird es für das Team leichter. „Dort gibt es einen Aufzug, in den die großen Instrumente hineinpassen“, freut sich Barbara Frensch-Endreß, auch sei das Haus barrierefrei. Der Fachbereichsleiter für Tasten, Jan Bovensmann, warte dort schon ungeduldig auf seine „Kinder“, sagt sie. In den Osterferien werden alle Flügel und Klaviere neu gestimmt, „nachdem sie sich gesetzt haben“.

Bianka Vogt und Ingrid Hoch vom Immobilienservice organisieren den Umzug. Sie laufen mit bunten Zetteln durchs Haus, markieren die leeren Räume, geben Anweisungen. „So ein Umzug ist für uns an sich nicht außergewöhnlich, mit ,lebendigen’ Gegenständen wie Musikinstrumenten, allerdings schon“, erklärt Bianka Vogt.

Musikschul-Mitarbeiter packen an

600 Kartons sind im Umlauf, es wird seit Wochen gepackt und aufgebaut, ein großer Teil des beweglichen Guts ist schon in der Von-Graefe-Straße 37. Viele der 90 Musikschulmitarbeiter bringen sich in diesen Tagen ein, füllen Kisten, sichern Instrumente, verkleben Xylofone, stapeln Handtrommeln, damit kein Schaden entsteht.

Sie stellen alles für das sechsköpfige Team des zweiten Umzugsunternehmens Gottschalk bereit. Dies kümmert sich gut gelaunt um Möbel und rund 2000 Kleininstrumente, die den Schülern am Dienstag für den Unterricht wieder zur Verfügung stehen müssen. Die Leiterin der Musikschule hält die Kollegen und wohl auch sich selbst mit netten Sprüchen („Klappt et gut, Bernard?“) und Zitaten von Loriot bei Laune. „So etwas erlebt man als Schulleiterin nur ein Mal. Das neue Haus ist wirklich großartig“, schwärmt Bärbel Frensch-Endreß.

Ob ihr der Umzug nicht auch nahe gehe? Da schießen ihr die Tränen in die Augen. „Ja, ich wirke nach außen ruhig, aber mir fällt der Abschied nach 30 Jahren in diesem Haus schon schwer. Gestern ging es mir gar nicht gut“, gibt sie zu.