Mülheim. . Seit fünf Jahren kümmert sich die Ermittlungsgruppe Intensivtäter in Mülheim um mehrfach straffällig gewordene Jugendliche. Die meisten von ihnen sind zwischen 15 und 17 Jahre alt. Häufig begann ihr Absturz in die Kriminalität mit Problemen in der Schule oder Familie. Nur etwa ein Drittel der Beobachteten schafft ein Jahr ohne sich etwas zu schulden kommen zu lassen.
Fotos mit ihren Gesichtern nehmen fast die ganze Wand ein. Junge Leute, die meisten so 15 bis 17 Jahre alt, der Jüngste elf. Eigentlich müssten sie alle noch zur Schule gehen, stattdessen hängen sie rum, klauen, überfallen oder schlagen auch schon mal äußerst brutal zu. Seit fünf Jahren kümmert sich die Ermittlungsgruppe Intensivtäter um mehrfach straffällig gewordene Jugendliche – durchaus mit Erfolg.
Die Kriminalhauptkommissare Martin Kielbasser und Udo Rosenetzke leiten die neunköpfige Ermittlungsgruppe im Polizeipräsidium. Die meisten der jugendlichen Straftäter sind ihnen bekannt, sie wissen meist, wo sie sie antreffen, welche „Karriere“ sie hinter sich haben. „Wir kontrollieren die Jugendlichen ständig, kommen unangemeldet zu ihnen nach Hause, haben ihr soziales Umfeld im Blick“, berichtet Kielbasser. Sehr eng arbeitet die Polizei dabei mit der Jugendgerichtshilfe, dem Sozial- und Jugendamt, mit den Schulen zusammen, die früher als bisher „Risikokandidaten“ nennen. „Wir werden“, sagt Rosenetzke, „von den Intensivtätern keineswegs als Gegner wahrgenommen. Die mögen uns, sehen in uns sogar eine Art Vaterfigur.“ Und die Eltern, die längst hilflos der Entwicklung ihres Kindes gegenüber ständen, seien froh über die Unterstützung.
21 Intensivtäter unter Beobachtung
Erst vor wenigen Tagen wurden wieder junge Täter nach einer brutalen Attacke in Mülheim festgenommen. Die Gewaltbereitschaft hat zugenommen. 21 Intensivtäter werden derzeit in Mülheim beobachtet, in Essen sind es fast drei Mal so viele. Wer als Intensivtäter gilt, wird nach einem Punktesystem beurteilt: Wer schwarzfährt, erhält wenige, wer einen brutalen Überfall verübt, viele Punkte.
Der Absturz zum Intensivtäter, so die Kommissare, beginne mit Problemen in der Familie, mit Schwierigkeiten in der Schule, der Jugendliche werde plötzlich als vermisst gemeldet, falle erstmals durch Kleinkriminalität auf, er sei haltlos, wechsele mehrfach die Schule, irgendwann gebe er sie ganz auf. Der Tag besteht aus Leere. Interessen? „Da gibt es leider gar nichts“, sagen die Kommissare.
Ihr Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass auf eine Straftat zügig die Strafe folgt. Dann geht es ums Überzeugen, Zureden, Vermitteln auf den rechten Weg. „Was sie bei uns spüren“, sagt Kielbasser, „ist Konsequenz. Was wir androhen, setzen wir auch um.“ Ein erster Arrest zeige bei vielen Wirkung, heißt es. Wer ein Jahr als Intensivtäter sich nichts hat zu schulden kommen lassen, wird aus der Beobachtung entlassen. Ein Drittel, so die Kommissare, schaffe das. Ein weiteres Drittel sei in dem Jahr nur noch geringfügig straffällig gewesen. Das letzte Drittel sitzt, je nach Alter immer wieder – und das Jahre.