Mülheim. .

Sie klauen, machen Randale oder verletzen andere Menschen: Immer wieder gibt es Jugendliche, die allen Hilfsversuchen zum Trotz kriminell werden. Auch in Mülheim. Momentan stehen hier zehn bis 15 jugendliche Intensivtäter unter Beobachtung.

Der Hang Mülheimer Jugendlicher, sich beharrlich und allen Versuchen der Intervention zum Trotz auf den Irrweg der Kriminalität zu begeben, ist laut Polizei und Jugendamt nicht sonderlich besorgniserregend. Momentan stehen zehn bis 15 jugendliche Intensivtäter aus der Ruhrstadt unter besonderer Beobachtung. Und bei wem es aus dem Ruder laufe, so der Chef der städtischen Jugendgerichtshilfe, Denis Leusmann, der lande schnell im Gewahrsam.

Im Sommer: ein elfjähriges Kind in Berlin, dass mit Heroin handelt. Immer wieder Berichte über Minderjährige, die weit mehr auf dem Kerbholz haben, als „nur“ mal ein schickes Teil im Modeladen mitgehen zu lassen – nach einem Punkteraster bestimmt die Ermittlungsgruppe Jugend des Polizeipräsidiums Essen-Mülheim, welche Minderjährigen sich so viel zu Schulden haben kommen lassen, dass sie im Auge zu halten sind.

Raubüberfälle

Laut Kriminaloberkommissar Udo Rosenetzke betreuen er und seine Kollegen zurzeit 70 bis 80 Intensivtäter, darunter zehn bis 15 aus Mülheim. Erst gestern sei einem 16-jährigen Mülheimer krass vor Augen geführt worden, welchen Mist er verzapft hat. Das Gericht kannte keine Gnade mehr: Für mehrere Raubüberfälle muss er zwei Jahre und drei Monate in Jugendhaft. Er bereute, doch die Lehren daraus wird er hinter Gittern ziehen müssen.

In einem Netzwerk arbeiten Polizei, Ämter und Justiz allerdings daran, dass es gar nicht so weit kommt. Von allen Seiten ist von Zusammenarbeit zu hören, die fruchte. So hat der Kommunale Soziale Dienst mit der Polizei vereinbart, sofort eingeschaltet zu werden, wenn ein Minderjähriger einer Straftat verdächtigt wird. Sofort mit im Boot: die Jugendgerichtshilfe. Man sei schnell am Ball, so deren Leiter Denis Leusmann. Die frühe Intervention, auch in Zusammenarbeit mit Eltern und Schule, zeige meist Wirkung bei jungen Ersttätern. Die Jugendgerichtshilfe klärt über die möglichen Sanktionen auf, Sozialarbeiter suchen nach Lösungen für Probleme der Heranwachsenden, etwa mit Schule oder in der Familie.

771 Strafverfahren

Die Jugendgerichtshilfe hat im vergangenen Jahr 771 Strafverfahren begleitet, davon konnten 267 außergerichtlich geklärt werden. In 469 Fällen wurde Anklage erhoben. 47 endeten mit Jugendstrafe, weil sie schwerer wiegender Natur waren. Die Staatsanwaltschaft, lobt Leusmann, zögere nicht lange mit einer Anklage. Das wirke abschreckender, als wenn zwischen Tat und Strafe zu viel Zeit verstreiche.

172 Straftaten landeten nicht vor Gericht, weil sie von strafunmündigen Kindern unter 14 Jahren begangen wurden. Die Zahl der Fälle höre sich viel an, sagt Leusmann. Tatsächlich aber müsse man sie nicht dramatisieren – mitgezählt würden etwa auch Beleidigungen, die zur Anzeige gebracht würden. In den größeren Nachbarstädten sei die Quote der auffällig werdenden Unter-14-Jährigen höher. In 80 % der 172 Fälle habe die Jugendgerichtshilfe am Telefon eine zufriedenstellende Klärung hinbekommen. In 2009 habe man in dieser Altersgruppe keinen Wiederholungstäter gehabt.

Frühzeitig einschreiten

Nichtsdestotrotz stelle man fest, dass einige der zurzeit betreuten Intensivtäter schon, als sie noch nicht strafmündig waren, kriminell aktiv waren. Umso wichtiger sei es, frühzeitig einzuschreiten, „mit allen Partnern eine Lösung zu erarbeiten“ und dem Minderjährigen schnell einzutrichtern: Junge, wenn du das weiter so treibst, droht dir diese und jene Strafe.

Den 16-Jährigen, der bald seine Haft antreten muss, wird die Jugendgerichtshilfe auch begleiten, um mit ihm eine Perspektive nach der Haft zu erarbeiten. Einen ersten Schritt hat der Teenager schon gemacht. Bis zum Haftantritt hat er sich einen Job besorgt, in der Haft will er einen Schulabschluss nachholen. Vielleicht findet er in die Spur . . .