Mülheim.
Heute ist Schluss mit lustig. Aschermittwoch beginnt die bis Ostern dauernde Fastenzeit. Seit Jahren leitet Pfarrerin Karla Unterhansberg eine Fastengruppe, die sich in der Evangelischen Ladenkirche trifft und „Sieben Wochen ohne“ gemeinsam gestaltet. Dabei erfährt sie immer: Verzicht kann bereichern.
In diesem Jahr hat die Evangelische Kirche ihre Fastenaktion in der Passionszeit unter das Thema „Riskier was, Mensch! Sieben Wochen ohne Vorsicht“ gestellt. Welches Risiko geht man dann beim Fasten ein?
Karla Unterhansberg: Das Thema hat mich auch überrascht. Aber diese Irritation ist gewollt. Ein Video auf der offiziellen Homepage nimmt sie auf. Darin sieht man eine ältere Frau, die mit ihrem Auto liegen bleibt, und niemand hält an, um ihr zu helfen, außer einem Wagen voller Rocker. Normalerweise würden auch wir raten: Sei bloß vorsichtig! Doch diesmal lautet die Aufforderung: Begegne ruhig Menschen, denen du sonst aus dem Weg gehen würdest. Lass dich auf neue Erfahrungen ein.
Fasten ist also doch ungefährlich?
Unterhansberg: Nun, man riskiert beim Fasten die Erkenntnis, dass einem die üblichen Verhaltensweisen nicht gut tun. Man riskiert, sein Leben vielleicht dauerhaft umzuwerfen. Und man riskiert, doof angeguckt zu werden, auf Unverständnis zu stoßen.
Haben viele Menschen kein Verständnis für andere, die fasten?
Unterhansberg: Ich erhalte in der Gruppe die Rückmeldung, dass das Verständnis größer wird. Es gibt einige Teilnehmer, die kommen in jedem Jahr und die müssen nicht mehr viel erklären. Ich habe aber das Gefühl, dass es weniger Gegenfeuer gibt.
Worauf verzichten Menschen nie?
Unterhansberg: Ich hatte noch nie jemanden, der komplett aufs Auto verzichtet hätte. Es gibt Menschen, die sagen, dass sie bewusster entscheiden, wann sie das Auto nehmen. Am stärksten vertreten sind immer die Klassiker: Alkohol, Süßigkeiten, Fleisch. Es gibt auch Menschen, die aufs Fernsehgucken oder Computer-Spielen verzichten. Es sind nicht unbedingt die Menschen, die ganz viel Computer spielen. Aber es sind die, die sich nach der Arbeit erst einmal an den PC setzen und so abschalten. Das nicht mehr zu tun, ist dann ein sehr bewusstes Ausbrechen aus der Routine.
Ist das nicht ein wichtiger Aspekt des Fastens?
Unterhansberg: Ja. Manches hält natürlich länger. Bei anderem ist man froh, wenn der Alltag wieder da ist. Dieser Verzicht hält dann nur diese sieben Wochen.
Sieben Wochen durchzuhalten, bereitet bestimmt ein Erfolgserlebnis. Welche Rolle spielt dabei eine Fastengruppe?
Tipps zum richtigen Fasten
Unterhansberg: Die Gruppe bietet Ermutigung und Unterstützung. Man erzählt sich gegenseitig von seinen Erfahrungen, und es tut gut, von anderen zu hören, dass es ihnen auch schwer fällt. Man kann viele Dinge besprechen. Und natürlich geht es uns auch um die geistige Dimension. Wir lesen biblische Texte, die wir besprechen.
Und wenn man doch schwach wird?
Unterhansberg: Es geht nicht um Sport-Fasten. Es geht nicht darum, auf vier, fünf Dinge zu verzichten und in jedem Jahr noch eins drauf zu packen, und am Ende ist man der Fasten-Held. Wichtiger ist, dass man nicht abbricht, wenn man einen Rückschlag erlebt hat, sondern vielleicht in der nächsten Woche, am nächsten Tag wieder neu beginnt.
Fällt es den Menschen heute schwerer zu verzichten?
Unterhansberg: Die Versuchung begegnet einem natürlich überall. Einkaufen wird da zum Beispiel zu einer bewussteren Sache, auch der Tagesablauf ändert sich oftmals. Jeder muss für sich selbst Strategien finden, damit umzugehen. Dann kann man auch verzichten.