Mülheim. .

Hans-Uwe Koch ist der Kopf der Regler, die ehrenamtlich mit viel Energie und mit eintrittsfreien Reihen und Festivals der Freilichtbühne wieder in die Nähe ihres einstigen Glanzes gebracht haben. Mit Aussicht auf mehr. Und es wären nicht die Regler, wenn sie sich von einer Event-Gesellschaft die Regie auf der Freilichtbühne nehmen ließen (Wir berichteten). „Wir trauen uns zu, Antworten auf die Frage zu geben, was auf der großen Bühne funktioniert und vor allem, was nicht passt“, sagt Koch.

Die Regler fühlen sich der Tradition der Freilichtbühne verpflichtet und haben „ihr Wohl und das Wohlwollen der Anwohner“ im Blick, so Koch. Was heiße: „Keine Erhöhung der Schlagzahl der Veranstaltungen, sondern eine Verfeinerung des Programmes.“ So wünschen sich die Regler von der Stadt als Eigentümerin der Freilichtbühne künftig eine Vereinbarung mit ihnen, um das von den Mülheimern geschätzte Programm zu sichern.

Das sagt einer wohl bedacht und überlegt, einer der seine wilden, rebellischen Jahre längst hinter sich hat. Kurze Haare, Jeans, Parka und ein nachdenklicher Blick hinter der feinen Brille: Wenn Hans-Uwe Koch heute die Schloßstraße hinabgeht, wird sich niemand mehr nach dem 52-Jährigen umschauen. Vor gut 30 Jahren war das mal anders, da war er Punker mit Lederjacke, nicht ganz so bunten Haaren und einem halben Irokesenschnitt. „Da traf man sich mit den Punk-Freunden bei Eduscho auf der Schloßstraße“, erinnert sich Koch. Damals war er Auszubildender und tauschte für die Treffen die Anzugjacke jedes Mal mit den Lederklamotten. Irgendwann hat er dann seine Anzugjacke nicht mehr abgelegt. „Denn es ging mir mehr um Inhalte, als um eine signifikante Erscheinung, die mich als Punk ausweist.“

Wenn der gelernte Reiseverkehrskaufmann heute als Teamleiter in einem Essener Reisebüro eher ein Manager ist, sind die Beweggründe dieselben geblieben. „Ich verstehe mich nicht als Einzelkämpfer.“ Es sei gut, mit mehreren an einem Strang zu ziehen. „So unterschiedlich die Personen auch sind.“

Der rote Faden für sein Engagement hat auf der Freilichtbühne seinen Lauf genommen und dort schließt sich quasi wieder der Kreis. Koch ist Vorsitzender der Regler Produktion, ein Verein, der die über Mülheim hinaus beliebten Reihen mit „Kultur aus dem Hut“ und weitere Veranstaltungen stemmt. „Die ersten Gehversuche mit Veranstaltungen fingen schon Ende der 80er Jahre an.“ Wie die berühmt-berüchtigten Abi-Partys, Feste und Konzerte auf der großen Bühne. Ein paar der damaligen Mitstreiter sind heute wieder bei den Reglern, die sich 2003/2004 gründeten. Und damit schließt sich wieder ein Kreis.

Eingeschworene Musikszene

Mülheim hatte schon immer eine eingeschworene Musikszene. Und Hans-Uwe Koch ist noch immer mittendrin. „Mit 16 habe ich angefangen, Gitarre zu spielen“, sagt der Musiker, der zur ersten Mülheimer Punk-Formation mit dem Namen „Bluttat“ zählte. Die Band gehört zu den Protagonisten der deutschen Anarcho-Musikszene. „Politische Texte und deutsch-englischer Wechselgesang“, sagt Koch. Drei Platten und diverse Sampler brachte „Bluttat“ heraus. „Alle zwei Wochenenden sind wir in Deutschland aufgetreten.“

Hans-Uwe Koch ist in den Niederlanden geboren. Er war zwei Jahre alt, als seine Eltern mit ihm und der Schwester ins Dörfchen Saarn zogen. Vater Kaufmann, Mutter Lehrerin an der Grundschule am Klostermarkt und ein Teenager mitten in den 70er Jahren, die im Zeichen des Aufbruchs, in der Rebellion gegen alle bürgerlichen Konventionen standen.

„Ich hatte ein natürliches Gefühl für Ungerechtigkeit und war in einem Alter, wo ich trotzig dies und jenes hinterfragt habe.“ Und es gab brennende Themen, „wo ich etwas tun wollte“. Er schloss sich der Anti-Atomkraft-Bewegung an, ging gegen den Nato-Doppelbeschluss auf die Straße, engagierte sich für die Anti-Apartheidbewegung in Südafrika und war für einen Dokumentarfilm sogar ein halbes Jahr in Simbabwe.

Schulsprecher in Broich

Im Gymnasium Broich wählte man Koch zum Schulsprecher. „Ich wusste die Mitarbeit von SV-Kollegin Hannelore Kraft zu schätzen“, scherzt er. Gegen den Abriss von denkwürdigen Gebäuden mischte Koch mit in der Hausbesetzer-Szene im Kampf um den ehemaligen Löwenhof und die Malzfabrik.

Wenngleich so mancher Widerstand vergebens ausging, so war die Mülheimer Musikszene dann doch erfolgreich im Ringen um den alten Mannesmann-Hochbunker, der als „Halle 1“ ein Probenraum wurde. Beharrlichkeit und ein gutes Konzept lohnen sich also. Das könnte auch künftig für die Freilichtbühne auf dem aufsteigenden Ast gelten. Es muss nur alles wie immer geregelt werden.