Mülheim. .

Mag sein, dass die letzten Tage und Wochen für ihn hart waren, aufreibend. Wolfgang Michels, CDU-Fraktionschef, wirkt in der Ratssitzung aufgebracht. Wie aus CDU-Kreisen zu hören ist, musste er in der eigenen Fraktion kämpfen, um eine Zustimmung zum Haushalt zu erreichen. Und dass es beim Ringen mit der SPD um das gemeinsame Haushaltssparpaket schwierig war, ist mehrfach zu hören. Dass alles in letzter Minute festgezurrt wurde, jenseits von Öffentlichkeit – für Michels geht das in Ordnung. Kritik daran kann er nicht nachvollziehen. Es wurmt ihn, dass Begriffe „Ideenlosigkeit, Dilettantismus“ Richtung CDU geworfen werden.

Knallharte Abrechnung

Michels ist der Einzige im Rat, der seine Ausführungen zur Finanzlage der Stadt mit Diagrammen auf der Leinwand schmückt. Vielleicht ist das der Grund, dass bei seiner Rede die größte Stille im Saal herrscht, vielleicht ist es aber auch seine knallharte Abrechnung mit einer Politik in Mülheim, wie sie nicht einmal die Mülheimer Bürgerinitiativen bislang hingelegt haben. Die Abrechnung mit einer Politik – an der auch die CDU mitgewirkt hat.

Ausplünderung der Enkelgeneration

Michels rückt die Finanzpolitik der Stadt an den Rand der völligen Verantwortungslosigkeit und nutzt dazu Begriffe der Kriminalität: „Es gibt nichts Unsozialeres, als mit gestohlenem Geld – Geld, das unseren Enkeln gehört – Wohltaten zu finanzieren.“ Von der Ausplünderung der Enkelgeneration spricht er und verweist darauf: Im Privatleben sei dies schlicht Diebstahl. „Bitte lassen Sie uns endlich damit aufhören.“

Wohltaten fürs Volk

Michels reiht Zahlen an Zahlen, lässt alle dabei schlecht aussehen: den Kämmerer, der 2011 rund 70 Mio. Miese angekündigt hatte und bei 132 Mio. gelandete. Das Land und den Bund, die Wohltaten fürs Volk verteilen, aber die Städte zahlen lassen, die das Geld dafür wieder aufnehmen müssen.

Wenig Geld für Infrastruktur

Was Michels nicht in den Kopf will: Bei der Pro-Kopf-Verschuldung liege Mülheim mit 5692 Euro deutlich vor Bochum und Gelsenkirchen, zugleich nehme die Stadt im Vergleich deutlich mehr Steuern ein als der Landesdurchschnitt und zugleich gibt Mülheim so wenig wie kaum eine andere Stadt für den ­Erhalt der Infrastruktur aus. „Wo bleibt unser Geld“, fragt er und geißelt ­Rechentricks, mit denen in der Stadt gearbeitet werde, um „dem Bürger vorzugaukeln, dass alles ja gar nicht so schlimm ist“.

PPP-Projekte

Vieles von den 1,2 Milliarden Schulden ist aus Sicht des Fraktionschefs hausgemacht. Erstmals kritisiert ein Vertreter der beiden großen Fraktionen auch öffentlich die Projekte mit privaten Partnern (PPP). Dazu gehören die Errichtung des Medienhauses, die Sanierung der großen Schulen. „Man muss ganz nüchtern feststellen, dass wir mit den PPP-Projekten weitere Schulden in die Zukunft verschoben haben. Aber das ist ja vom Gesetzgeber so gewollt.“

"Es ist ja nicht mein Geld!"

In Mülheim wird für Michels vielfach nach dem Motto verfahren „Es ist ja nicht mein Geld!“ Beispiel: Mülheim werfe beim Klimaschutz Geld zum Fenster raus und verstoße zugleich „eklatant gegen eben den Klimaschutz“. In der Praxis: Früher betrug die Autostrecke von der Konrad-Adenauer-Brücke zur Leineweber Straße 500 Meter. Heute über die Bergstraße und Mühlenberg-Kreuzung 2,6 km. Bei 20.000 Autos am Tag müssten täglich 40.000 Kilometer mehr gefahren werden. „Wir schicken jeden Tag ein Auto einmal nutzlos um den Äquator. Hierdurch werden täglich 6000 kg CO²in die Luft gepustet.“

100 Mio. neue Schulden

100 Mio. neue Schulden enthält der neue Haushalt, den SPD und CDU beschlossen haben, um überhaupt einen Haushalt zu haben. Auch wenn man gemeinsam die Hände hob, die CDU hat sich mit der verheerenden Bilanz und der Schuldzuweisung an diesem Tag auch gegen die SPD positioniert.