Mülheim. .

Es war der Ernstfall, für den Nicole Eulberg gerüstet war. Im Berufskolleg erlitt eine Mitschülerin direkt neben ihr einen epileptischen Anfall. Sie zappelte, verkrampfte sich, der Speichel rann ihr aus dem Mund. Nicole wusste, was zu tun ist: Gefahrengegenstände aus dem Weg räumen, damit die Mitschülerin sich nicht verletzt und warten, bis der Anfall vorbei ist. „Wer die Person anfasst, riskiert, dass sich der Anfall verschlimmert, sagt die 19-Jährige. Nachdem der Anfall vorbei war, legte Nicole ihre Mitschülerin in die stabile Seitenlage, bis der Notarzt kam.

Gelernt hat Nicole die Erste Hilfe bereits in der 8. Klasse beim Schulsanitätsdienst in der Hauptschule Speldorf. Während der Schulpausen und auf Schulfesten stand sie bereit, um im Notfall zu helfen. Der Schulsanitätsdienst wird vom Jugendrotkreuz mitbetreut, das ihr die Möglichkeit bot, auch außerhalb der Schule Menschen zu helfen.

Nach dem Hauptschulabschluss hat sie auch an den Wochenenden beim Jugendrotkreuz mitgemacht, bei Veranstaltungen wie dem Weltkindertag oder dem Drachen­bootfestival Sanitätsdienst geleistet. Warum sie beim Jugendrotkreuz dabei geblieben ist? Die 19-Jährige überlegt kurz: „Die Gemeinschaft. Ich habe mich direkt geborgen und verstanden gefühlt“, sagt sie entschlossen, „außerdem ist es viel schöner, gemeinsam Menschen zu helfen als alleine, und man erreicht gemeinsam viel mehr.“

Inzwischen bildet Nicole selber aus

Wie viel mehr man gemeinsam erreicht, hat Nicole zuletzt bei einer Katastrophenübung erlebt. „Da wurde ein sogenannter MANV, ein Massenanfall mit Verletzten, simuliert, mit 50 Verletzten und 60 Sanitätern waren wir dort im Einsatz.“

Aber nicht nur Katastrophen ­stehen auf dem ehrenamtlichen ­Sanitätsdienst, auch mal ein Schalke-Spiel oder der Ruhr Reggae Summer. Für all’ das opfert Nicole gerne ihre Freizeit. Allein die Ausbildung zum Sanitätsdienst beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) hat sie sechs Wochenenden gekostet.Inzwischen leistet Nicole nicht nur Hilfe, sondern bildet selber aus. Seit einem Jahr ist sie stellvertretende Kreisleitern des Jugendrotkreuzes und organisiert die Jugendausbildung mit. Sie selbst hat jeden Donnerstagabend eine Gruppe, mit der sie Übungen durchführt, aber auch einfach Freizeit verbringt, Ausflüge und Ferienfahrten macht.

Durch ihr Ehrenamt ist Nicole auch zu ihrer Ausbildungsstelle als Kauffrau für Bürokommunikation beim DRK gekommen. Dort vermische sich die Sanitäts- mit der Büroarbeit. Den Hausnotruf muss sie genauso mitbetreuen wie sie ­Pressearbeit oder den Plan für das Essen auf Rädern zu organisieren hat.Die Jugendabteilungen der Mülheimer Hilfsorganisationen haben sich im Netzwerk „Jugend hilft Mülheim“ zusammengeschlossen – Internetseite: jugend-hilft-muelheim.de Um Jugendliche für die ehrenamtliche Hilfsarbeit zu begeistern, gab es vergangenen Samstag einen Aktionstag in der Realschule Stadtmitte. „Da waren vier Leute“, sagt Nicole Eulberg enttäuscht. Grund für den Besuchermangel könnte die schlechte Terminauswahl gewesen sein: Parallel fand in Oberhausen der gut besuchte Blaulicht-Tag und in Mülheim das Kinder- und Jugendkulturfestival statt.