Mülheim. .

Mit Macbeth im Original und unter freiem Himmel begeisterte das Leaf-Festival am Wochenende das Theaterstadt-Publikum. Mit einem intensiven Ein-Mann-Stück legt „Am Rand der Stille“ am Donnerstag nach.

WAZ-Mitarbeiter Dennis Vollmer sprach mit Schauspieler Paul Humpoletz über Churchill, Verfolgung durch die Nationalsozialisten und wie die Waldorf-Schule aus einem schüchternen Kind einen leidenschaftlichen Darsteller machte.

Herr Humpoletz, Sie zeigten im Fernsehen einen düsteren Churchill, nun auf der Bühne einen deutschen Flüchtling George, dessen Identität zerbricht – reizen Sie die Extreme?

Paul Humpoletz: Extreme Figuren sind dramatisch immer interessant. Churchill nannte seine depressiven Stimmungen „black dog“ – schwarzer Hund. Auch George macht ­Extreme durch: Er hat seine Erlebnisse in einem Lager der Nazis verdrängt. Durch einen Gehirntumor ist er nun gezwungen, sich daran zu erinnern. Seine Leidenschaft für die Musik von Händel hilft ihm, die Identitäten beider Figuren vermischen sich. Ich will aber nicht zu viel verraten. So viel noch: Auch Händel schwankte zwischen großer Freude und unheimlicher Wut.

Welche Rolle spielt der Nationalsozialismus für Sie persönlich?

Humpoletz: Mein Vater war Karikaturist für eine sozialistische Zeitung in Wien. Er musste vor den Nazis in den Untergrund fliehen. Das führte ihn über die Tschechoslowakei und Polen nach London, wo er meine Mutter – eine Ungarin – kennen lernte. Tracy Spottiswood, die Autorin des Stücks „Am Rand der Stille“, kannte diese Geschichte.

Wie kamen Sie zum Theater? Sind Sie in einer künstlerischen Familie groß geworden?

Humpoletz: Meine Mutter war sehr musikalisch. Ich war als Kind aber eher schüchtern, unsicher und in der Schule schlecht. Als ich Schauspieler werden wollte, hielten meine Freunde das für einen Witz. Erst als ich auf die Waldorf-Schule gewechselt bin, hat sich das geändert. Dort hat man Wert darauf gelegt, die künstlerische Seite zu fördern. Das Schlüpfen in Figuren hat mir geholfen, mich auszudrücken, man wächst an der Erfahrung.

Wofür schlägt eher ihr Herz: fürs Theater oder den Film?

Humpoletz: Meine ersten Rollen spielte ich im Fernsehen. Aber ich wollte immer zum Theater. Es ist meine Nahrung auch für das Fernsehen. Das Wichtigste ist aber die Wahrhaftigkeit der Figur. Wenn man da nicht gut ist: Das Theater bringt es gnadenlos hervor.

Sie haben mit Anthony Hopkins, Michael Caine und Ralph Fiennes gespielt. Haben Sie Vorbilder?

Humpoletz: Ja: Dustin Hoffman, Meryl Streep. Und vor allem Marlon Brando – er konnte gefährlich sein, man wusste bei ihm nicht, wie er sich benehmen würde.

Infos:

Die Premiere von „The Edge of Tranquility“ in englischer Sprache beginnt am Donnerstag, 4.10., um 19.30 Uhr im Schauspielstudio Ruhr (Kassenberg 17).
Karten: 21,40 € inkl. Vvk., ermäßigt für Schüler und Studenten: 13.50€. Ak: 23 €. erm.: 15 €.

Weitere Aufführungen am Freitag, 5.10., Samstag, 6.10. jeweils um 19.30 Uhr. Am Sonntag, 7.10., um 15 Uhr.

Das Leaf-Festival läuft täglich noch bis zum Sonntag, 7. Oktober. Das gesamte Programm sowie die Kartenvorbestellung findet man unter: www.leaf-festival.de