Mülheim. . Straßen.NRW nutzte die jüngsten Arbeiten an der A40, um die Brücke zwischen Heißen und Kaiserberg zu entlasten. Doch die neue Verkehrsführung birgt ein Unfallrisiko, meint der Mülheimer Horst Hense. Der Straßenbaubetrieb sieht das anders.
Kennen Sie das? Sie pendeln mit dem Auto jeden Tag die gleiche Strecke, schon seit Jahren. Da kommt es vor, Sie fahren zu Hause vor und wundern sich, dass Sie schon da sind, wie sie geradezu unbemerkt hingefunden haben. Gewohnte Wege prägen sich ein, man fährt sie – wie sagt man so schön, doch wohl unzutreffend – blind. Wie im Schlaf. Wenn die Routine dann mal gestört wird, wie aktuell an der Anschlussstelle am Kreuz Kaiserberg auf der A 40, ist die Verblüffung groß.
So erging es Horst Hense (74). Der Styrumer berichtete der WAZ nach der Wiedereröffnung des Teilstücks zwischen Heißen und Kaiserberg, wo im Juli Flüsterasphalt eingebaut worden war, dass die neue Verkehrsführung am umgebauten Knotenpunkt ein Unfallrisiko in sich berge. Dort hatte der Landesstraßenbaubetrieb „Straßen.NRW“, wir berichteten, kurz entschlossen die Vollsperrung genutzt, um als Notmaßnahme die zwei Verzögerungsspuren zum Verlassen der A 40 ins Kreuz und zur Anschlussstelle Kaiserberg von der Brücke über dem Schifffahrtskanal zu nehmen. Die Brückenbau-Abteilung bewertet die Brücke als sanierungsbedürftig. Weil sie nicht mehr so tragfähig ist wie nötig, um Maximallasten aushalten zu können. „Es könnte bei einem Stau theoretisch sein, dass vier Lkw nebeneinander stehen“, so Oliver Stresing von „Straßen.NRW“. Dieses theoretische Risiko gelte es auszuschließen.
Tempoänderungen und verkürzte Verzögerungsspuren
So hat der Baubetrieb die jüngsten Asphaltierungsarbeiten genutzt, um der Brücke die theoretische Last zu nehmen. Die Verzögerungsspuren sind runtergenommen, der Standstreifen durch Schutzwände abgesperrt, das Tempolimit von 100 auf 80 km/h gesenkt. So stehen Kraftfahrern beim Verlassen der A 40 nur mehr zwei reichlich verkürzte Verzögerungsspuren zur Verfügung. Auf der rechten landen sie schnell in der Kurve zur Abfahrt Kaiserberg, nur die linke Spur führt ins Kreuz und weiter zur A 3.
Sanierung der Autobahn 40
„Man kriegt einen Schreck“, berichtet Horst Hense aus Styrum. „Da sah ich etwa einen Lkw, der zur A 3 wollte, im letzten Moment auf die richtige Spur wechseln. Der wackelte so gewaltig, dass er umzukippen drohte.“ Kein Einzelfall sei das. Die Ausfahrt sei „zu kurz geraten“ für den regen Betrieb am Knoten.
Die Befürchtung, ein neuer Gefahrenschwerpunkt sei entstanden, teilt die Autobahnpolizei derzeit nicht. Zwar liege noch keine aktuelle Statistik seit Wiedereröffnung der A 40 vor, ließ die Leitung der Wache Mülheim wissen, doch habe eine Rückkopplung bei den Kollegen im Wach- und Wechseldienst ergeben, „dass es kein erhöhtes Unfallaufkommen an dieser Stelle gibt“.
Deutliche Beschilderung wird noch nachgebessert
„Es ging nicht anders, der Radius ist auf jeden Fall enger geworden“, sagt Oliver Stresing, Projektleiter der A 40-Baustelle. Seine Kollegin aus der Brückenbau-Abteilung, Annegret Schaber, ergänzt: „Wir sind an die Grenzen gegangen, aber sind nicht außerhalb der Normen.“ Die neu angelegten Verzögerungsspuren stünden im Einklang mit der reduzierten Geschwindigkeit und dem Radius der Kurve.
„Straßen.NRW“ will nun noch das nachbessern, was in der kurzen Zeit der Vollsperrung nicht möglich war. Dazu zählt eine frühzeitige und deutliche Beschilderung der neuen Situation, außerdem soll die Verzögerungsspur zur A 3 eine Markierung mit der entsprechenden Autobahnkennung erhalten, damit sich niemand so schnell auf falscher Spur wiederfindet. Eben solches muss „Straßen.NRW“ auch noch in Gegenrichtung vornehmen, um die baufällige Brücke über dem Schifffahrtskanal zu entlasten.
Eine Sanierung der Brücke ist nötig. Die Planung dafür läuft, Schaber geht davon aus, dass kein Neubau nötig sein wird, eine Verstärkung ausreicht. Wann die kommt, steht indes in den Sternen. Vor kurzem schätzte „Straßen.NRW“ einen Investitionsstau bei knapp 10.000 Brückenbauwerken auf Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen in NRW auf 3,5 Mrd. Euro. Die Erkenntnis ist da. Geld nicht.