Mülheim. Warum der Artenschutz die Schließung der Klärschlammdeponie des Ruhrverbandes an der Stadtgrenze zu Duisburg verzögert.

Die Männchen sind nur vier bis sieben Zentimeter, die Weibchen ein en Zentimeter größer und doch erschweren sie es dem Ruhrverband, die Klärschlammdeponie am Kolkerhofsweg an der Stadtgrenze zu Duisburg wie geplant zu beenden. Von einem Problem möchte Ruhrverbandssprecher Markus Rüdel nicht sprechen, eher von einer Herausforderung. Die beschert dem Wasserwirtschaftsunternehmen durch den Artenschutz aber Kosten von rund 50 000 Euro und eine Verzögerung der Bauarbeiten um sechs Monate mit weiteren Kosten.

Mit zwei ausführenden Unternehmen verhandelt der Ruhrverband noch. Letztlich müssen solche Kosten für den Artenschutz auch von den Mitgliedskommunen über die Verbandsumlage getragen werden. Diese Kröte muss der Verband aber schlucken, weil er dazu gesetzlich verpflichtet ist.

Das Kreuz mit der Kröte

In diesem Fall handelt es sich sogar um eine Kröte, um eine Kreuzkröte, um genau zu sein. Sie gilt als bedrohte Art, steht im Vorwarnkatalog der Roten Liste und gilt in Europa als streng zu schützende Art. An der Deponie kommt die Pionierart, wie sie von Biologen genannt wird, allerdings häufig vor. „Schwere Lkws, die hier fahren, ziehen Furchen in den Boden, die sich bei Regen zu kleinen Wasserlachen füllen, in denen sich die Kreuzkröten wohlfühlen und laichen“, erklärt Markus Rüdel. Vorgekommen sind sie zuerst an der benachbarten städtischen Bodendeponie. Dort gibt es vielleicht 150 Exemplare. „Deshalb war es naheliegend, dass die Kreuzkröte auch an unserer Deponie vorkommt“, sagt der Biologe Heinrich Schweder, der beim Verband für das Flussmanagement zuständig ist. Ansonsten lebt sie im Bereich von Flussauen.

Das Essener Beraterbüro Ökoplan wurde eingeschaltet und eine Bestandsaufnahme umgesetzt. Aber wie zählt man auf einem großem Areal so kleine Tiere? Es wurden einfach auf dem Gelände attraktive Verstecke für die Tiere angelegt. Die Zählung ergab einen Bestand von etwa 100 Tieren. Allerdings ist die Sterblichkeitsrate bei der Kreuzkröte sehr hoch, weil die Wasserflächen nur sporadisch existieren und austrocknen. Sie sind aber auch in der Lage bis zu zwei Kilometer weit zu einem Lebensraum zu wandern.

Große Wasserfläche zum Laichen

Die Planung sieht vor, wie Schweder erklärt, dass ein 5000 Quadratmeter großer Ersatzlebensraum angelegt wird, der eine hundert Quadratmeter große Wasserfläche zum Laichen beinhaltet, die von einer Pumpe befüllt wird. Sie zieht das Wasser aus einem sechs Meter tiefen Brunnen. Inzwischen wurden einige Prüfungen für das neue Areal unternommen. Da im Krieg in der Region zahlreiche Blindgänger runtergingen, musste der Kampfmittelräumdienst angefordert werden, um zunächst anhand von Luftbildern und dann vor Ort mit Hilfe von Detektoren das Gelände zu überprüfen.

Am Donnerstag gaben sie grünes Licht: Es wurde kein Blindgänger gefunden. Die Bodenanalyse fiel weniger positiv aus. An der Stelle versickert der Niederschlag zu rasch, so dass eine Bodenwanne angelegt werden muss.

Eine Badewanne muss her

In voraussichtlich zwei Tagen ist Baubeginn. Dann muss noch die Deponie mit einem Krötenzaun umschlossen werden und die Tiere für die Umsiedlung eingesammelt werden.

Die Klärschlammdeponie wird schon seit mehreren Jahren nicht mehr beschickt, da die Deponierung von Stoffen mit hohem organischen Anteil seit 2005 untersagt ist. Geschlossen und mit der notwendigen Drainage versehen werden kann die Deponie vorerst noch nicht. Das dafür bereitstehende Material muss entsorgt werden. Das derzeit vorherrschende nasse Wetter, das uns Menschen auf die Nerven geht, dürfte wenigstens die Kröten begeistern.