Mülheim. .

„Mülheim ist tot. Lang lebe Mülheim.“ Diese Aufschrift klebt am Ladenfenster des Mülheimer Modelabels „Ruhrpott-Locals“. Sein erstes Jahr hat der kleine Laden an der Wallstraße erfolgreich überlebt – trotz der Probleme der Innenstadt. Schließlich ist die Schloßstraße eine der am schlechtesten besuchten Einkaufstraßen Deutschlands. Das hat eine Frankfurter Studie durch eine Passantenfrequenz-Zählung herausgefunden (wir berichteten).

Diese Probleme färben auf die direkte Umgebung ab – dazu zählt die Wallstraße. Beispiele für gescheiterte Geschäftsmodelle gibt es genug. So musste zum Beispiel die Kultkneipe „Palette“ vor wenigen Wochen (mal wieder) schließen, direkt gegenüber von „Ruhrpott-Locals“ machten ein kleiner Supermarkt und ein Goldankauf kurz nach der Eröffnung dicht.

Schwieriges Umfeld

Was macht der Modeladen anders? „Wir sind nicht mit übersteigerten Erwartungen an den Start gegangen“, sagt Mit-Inhaber Thommi Biesgen. Biesgen und seiner Geschäftskollegin Nina Hubinger sei von Anfang an klar gewesen, dass es sich bei der Mülheimer Innenstadt um ein schwieriges Umfeld handelt – vor allem für einen Laden, der auf junge Designer-Ware setzt.

„Die Leute haben uns schon gefragt: Warum geht ihr nicht nach Rüttenscheid? Aber wir sind Mülheimer und wollten hier unseren Laden“, sagt Hubinger. Es hat sich ausgezahlt, der Laden trage sich vom ersten Tag an selbst, sagt Biesgen. Mittlerweile wurden zwei neue Mitarbeiter angestellt. Dass es sich um das einzige Geschäft dieser Art in der Innenstadt handelt, mag eine Rolle für den Erfolg gespielt haben.

Ware aus dem Ruhrgebiet 

Schnell entwickelte sich eine Stammkundschaft, die sich für T-Shirts und andere Produkte mit Anspielungen auf den industriellen Charme und die Geschichte des Ruhrgebiets interessiert. Diese bilden nämlich den roten Faden, der sich durch das Sortiment zieht. Shirts und Buttons, bedruckt mit Pommes-Schalen oder Kraftwerken. Schlüsselanhänger mit Ruhrpott-Begriffen wie „Haiopei“.

Die meisten Leute der bunt gemischten Kundschaft kaufen die Sachen nicht für sich selbst ein, betont Nina Hubinger: „Viele der Produkte werden an andere verschenkt.“ Selbst produzieren sie und Biesgen die T-Shirts und Buttons, den Rest kaufen die beiden von anderen Designern ein. Meist aus dem Ruhrgebiet, teilweise aus Hamburg oder Berlin. Insgesamt hat sich das Sortiment nach einem Jahr mehr als verdoppelt.

Kerzen werden in ganz Deutschlang verschickt

Neu dazugekommen sind zum Beispiel Kerzen – beklebt mit allen möglichen Motiven und Sprüchen. Von Hochzeitsglückwünschen über Lebensweisheiten bis zur BVB-Meisterkerze. Mit „Kerzilein“ haben Biesgen und Hubinger dafür eine eigene Marke ins Leben gerufen. „Viele Geschäfte aus Mülheim haben Kerzen bei uns bestellt. Die stehen in Blumenläden oder Kneipen.“ Die Sache läuft so gut, dass die Kerzen in ganz Deutschland verschickt werden.

Als Teil einer Kreativszene wollen sich die „Ruhrpott-Locals“-Macher nicht sehen. Trotz der Nähe zu den Galerien an der Wallstraße oder dem Café Mocca Nova, wo regelmäßig Musik-Veranstaltungen stattfinden. Biesgen: „Es gibt hier diese Szene. Aber unser Ziel war es nicht, unbedingt Teil davon zu sein.“