Mülheim. .
Montagvormittags um elf auf der Schloßstraße: Die Einkaufsstraße ist nicht voll, aber auch nicht leer. Und es sieht ganz danach aus, als ob Passanten wie auch Händler die schlechte Meinung über die Mülheimer Innenstadt gründlich satt haben. Erst vor kurzem war die Mülheimer Einkaufsmeile das Schlusslicht in ganz NRW bei einer Passantenfrequenz-Zählung (Wir berichteten). Bei unserer nicht repräsentativen Umfrage gab es Anflüge einer besseren Stimmung.
Bei Voswinkel gehen die Schuhe vielfach über den Ladentisch. Trotz stark reduzierter Preise feilscht eine Frau noch um mehr Rabatt. Da hat sie aber die Verkäuferin auf dem falschen Fuß erwischt. Voswinkel ist ein traditionsreiches Fachgeschäft für Schuhe in Mülheim, das seit langem zu den inhabergeführten Klauser-Schuhhäusern in Wuppertal gehört. Voswinkel-Chef Jürgen Hippler macht es kurz: „Wenn wir hier nicht zufrieden wären, dann würde es diesen Standort längst nicht mehr geben.“ Und mit der Nähe zum Forum fühle man sich in bester Gesellschaft.
Kundschaft wird älter
Die Probleme in der Mülheimer Innenstadt seien dieselben wie in allen anderen Ruhrgebietsstädten auch, sagt Hippler auf Nachfrage. „Das hat etwas mit veränderten Strukturen zu tun.“ Die Kunden würden immer älter und die jungen Leute „gehen woanders hin“. Dass es in Mülheim viele ältere Menschen gibt, hat auch Renate Oppermann festgestellt.
Mit dem Modehaus, das bis 1998 am Kohlenkamp war, ist der Familienbetrieb im Frühjahr wieder mit Markenware in den Stadtkern zurückgekehrt, „um mehr Qualität in die Mülheimer Innenstadt zu bringen“, erläutert Renate Oppermann. Dafür habe man den Standort in Moers aufgegeben. „Schließlich bin ich doch Mülheimerin.“ In der Mitte der Schloßstraße wird bei Mode Oppermann den Kunden der rote Teppich ausgerollt, Parkgebühren werden ab 50 Euro Einkauf erstattet, es gibt Rabatte für Stammkunden und Sonderangebote. „Wir tun ja schon alles, was wir können“, sagt Renate Oppermann.
Aber Nachdem es im ersten Monat gut gelaufen sei, wurde die Frequenz spürbar weniger. Und nicht alle die kommen, kaufen auch. „Wo sind denn die treuen Mülheimer, fragt Klaus Oppermann. „Wir brauchen die jungen Leute, die in den Cafés sitzen.“ Die Bilanz nach fünf Monaten: „Ich bin überhaupt nicht zufrieden“, sagt Petra Oppermann. So schlimm habe sie es sich nicht vorgestellt. Sie glaubt, dass viele aus ihrer ehemaligen Kundschaft „abgewandert sind“.
"Durchhalten" heißt die Devise
Man habe sehr viel Geld in die Ausstattung des Ladens investiert. Und die Option, die Verkaufsfläche bis ins erste Obergeschoss, das jetzt Lager ist, zu erweitern erstmal auf die lange Bank geschoben. „Durchhalten“ heißt die Devise bei Oppermann Moden. Helfen würde es, meint die Geschäftsfrau, die Offenen Sonntage, die gut laufen würden, von drei auf vier im Jahr zu erhöhen. „Mülheim muss wieder ein bisschen populärer werden.“
Die Mülheimerin Gabriele Hoppen schlendert über die Schloßstraße und findet: „Hier entwickelt sich wieder etwas.“ Lange Zeit habe sie das Gefühl gehabt, „dass die Innenstadt tot ist“. Es gebe jetzt nicht mehr so viele Leerstände. „Ein positiver Trend ist spürbar.“ Sie wünscht sich mehr Schuhgeschäfte, eine Parfümerie, insgesamt „ein größeres Angebot für Frauen meines Alters“, also die reifere Generation. Von Vorteil wären auch einheitliche Öffnungszeiten. Während die Läden auf der Schloßstraße meist zwischen 18 und 19 Uhr schließen, ist das Forum bis 20 Uhr geöffnet. „Wenn ich unsicher bin, wie lange ein Laden auf hat, dann gehe ich doch lieber gleich ins Forum oder ins Rhein-Ruhr-Zentrum“, meint Gabriele Hoppen.
Charakterverlust durch Kaufhofschließung
Juwelierläden gibt’s reichlich in der Innenstadt. Weiter unten auf der Schloßstraße ist Marcel Skiljo mit „Fine Art“ vertreten. Der junge Juwelier ist zufrieden: „Wir können uns nicht beschweren.“ Der Mülheimer an sich sei sehr freundlich, nett und angenehm. Und „wirtschaftlich gibt’s auch nichts zu meckern“. Probleme gibt’s aktuell mit Graffiti-Sprayern. So wünscht er sich „Wachpersonal, das abends über die Schloßstraße geht.“
Ute und Alfred Rudolph kommen regelmäßig in die Innenstadt. „Der Kaufhof hätte nicht schließen dürfen, dadurch hat die Stadt an Charakter verloren“, meinen die Rudolphs. Und das Ehepaar aus Dümpten ist der Beweis dafür, dass der Heifeskamp durchaus Kundschaft aus der Innenstadt zieht. „Früher habe ich all meine Garderobe in der Innenstadt gekauft“, sagt Ute Rudolph. Aber seit es „ihren Laden“ und ein so gutes Angebot am Heifeskamp gebe, „gehe ich erstmal da gucken“. Wenn-gleich die Innenstadt einiges verloren habe, so die Rudolphs, „finden wir Mülheim immer noch schön“.