Mülheim. .

Es ist nur eine Silbe, doch für die Damen und Herren am Tisch macht sie den entscheidenden Unterschied: Kein Ort für Ausbildung soll Schule sein, sondern für Bildung. Darauf bestehen die anwesenden Schulleiter, die Vertreter der Stadt und des Theater an der Ruhr.

Denn Bildung bedeutet für sie, Schülern nicht nur den Stoff für die Abschlussprüfungen einzupauken und ihnen Antworten zu geben, sondern auch Fragen aufzuwerfen, mit denen sich die Jugendlichen beschäftigen, an denen sie wachsen können. Kulturelle Bildung meinen die Beteiligten damit, und die soll nun systematisiert werden: Beim auf drei Jahre angelegten Pilotprojekt „Kulturschule“ wollen Otto-Pankok-Schule und Gesamtschule Saarn mit den Einrichtungen des Kulturbetriebs und Kulturstätten der Stadt kooperieren.

Verbindliche Kooperation

Punktuelle Projekte gibt es jetzt schon, doch mit dem nun unterschriebenem Vertrag erhalte die Zusammenarbeit eine neue Verbindlichkeit und Qualität, wie Dirk Schneider, Leiter des Kulturbetriebs, betont: „Wir werden jetzt mit allen Instituten an die Schulen gehen und für alle Jahrgänge gemeinsam Angebote entwickeln.“ Zielvereinbarungen werden mit Vertretern des Otto-Pankok-Gymnasiums und der Gesamtschule Saarn entwickelt.

In den Schulen, die laut Kulturbetriebsleiter Frank Baudy bereits aktiv die kulturelle Bildung vor­antreiben und deshalb als Partner für das Pilotprojekt ausgewählt wurden, werden die identischen Vorgaben unterschiedlich umgesetzt. Am OP ist in jedem Jahrgang ein Projekt mit einer anderen Kultureinrichtung geplant: So könnten die Fünfer das Museum besuchen, die Sechser das Theater an der Ruhr, die Siebener die Stadtbibliothek. . .

Auch die konkrete Einbindung in den Unterricht abseits von etwa Projektwochen strebt Schulleiter Ulrich Stockem an: „Im Rahmen des Geschichtsunterrichts könnten die Schüler im Stadtarchiv recherchieren – damit sie mal lernen, wie das ohne Google geht."

Gesamtheitlicher Ansatz

In der Gesamtschule Saarn, die bereits seit 2003 einen musischen Schwerpunkt hat und mit der Musikschule kooperiert, verfolgt man einen gesamtheitlichen Ansatz: Dort soll jedes Jahr unter einem anderen Thema stehen, das in jedem Jahrgang von den Lehrern individuell in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des Kulturbetriebs mit Inhalt gefüllt wird. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ ist für den Auftakt im kommenden Schuljahr im Gespräch.

Beide Schulleiter versprechen sich von der Kooperation einen Mehrwert für ihre Schule und ihre Schüler. „Die Schüler können in die Kultur ihrer Schule und ihrer Stadt eintauchen und mit ihr erwachsen werden“, sagt Gerhild Brinkmann, Leiterin der Gesamtschule. Die Doppelspitze des Kulturbetriebs hofft durch die Kooperation einen genaueren Einblick in die Abläufe und den Alltag in Schulen zu erhalten, um Projekte künftig besser konzipieren zu können.

Kultur fördert Entwicklung

Auch der neue Kulturdezernent Ulrich Ernst ist überzeugt, dass sich Kultur – analog zum Sport – positiv auf die Entwicklung von Kindern auswirkt, auf ihre kognitiven wie sozialen Fähigkeiten. Damit spricht er für alle Beteiligten. Ulrich Stockem hat das Ziel, kulturelle Bildung zum festen Bestandteil des Lehrplans seines Gymnasiums zu machen.

Sven Schlötcke von der Künstlerischen Leitung des Theater an der Ruhr, das ebenfalls als Kooperationspartner im Boot ist, wünscht sich gar eine generelle, gesetzliche Verankerung in NRW: „Kulturelle Bildung muss das Image des weichen Faktors verlieren.“