Essen. . Der Seriendarsteller Roland Beuge, bekannt als “Trödelking“ im WDR, hat Staat und Gläubiger geprellt. Zehn Monate Bewährungsstrafe sind die Folge. Sein Arbeitgeber, der WDR, spielte mit und überwies Gelder in die Schweiz. Doch davon will die Fernsehfamilie plötzlich nichts mehr wissen.
Der Trödelking Roland Beuge ist angeschlagen. Seine Sendung wurde abgesetzt, sein Ruf in der Branche ist ramponiert. Der Trödelking hat einen Strafbefehl kassiert: zehn Monate auf Bewährung, wegen Steuerhinterziehung. Er sitzt nun auf seinem Motorrad, einer schwarzen Yamaha Vmax Streetfighter, 145 PS. Roland Beuge tritt mit seinen Holzschuhen den Gang rein. Die Vmax heult auf. Dann schießt er Richtung Autobahn, aus dem Rheinland in die Schweiz. Er will sein Leben wieder in den Griff kriegen. Irgendwie.
Die Geschichte des Trödelkings kann man einfach erzählen. Als Geschichte eines Trödlers aus Mülheim an der Ruhr, der im Fernsehen schnell zu Ruhm kam und seine Steuern nicht bezahlt hat. Eine banale Geschichte des Scheiterns. Doch das wäre nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich ist die Geschichte des Trödelkings eine Story über die Gier im Fernsehgeschäft.
Das System, das Beuge den Nacken gebrochen hat, ist einfach zu erklären. Der WDR duldete Verträge, über die Beuge nur rund 1000 Euro als Darsteller oder Berater von den jeweiligen Produktionsfirmen der Sendung bekam. Unter anderem von der Fernseh-Firma der Moderatorin Bettina Böttinger, der Encanto GmbH. Ein zweiter Geldstrom floss parallel in die Schweiz. Hier bekam Beuge über Umwege bis zu 10 000 Euro pro Sendung auf ein Schweizer Konto. Schwarzgeld. Durch diese Aufteilung der Bezüge konnte der Trödelking Steuern hinterziehen und Gläubiger prellen. Es dauerte lange, bis das System aufflog.
"Wie ein Bär auf Red Bull"
Wer die Idee hatte, den „Trödelking“ beim WDR zu etablieren, ist umstritten. Die Sendung ähnelt sehr stark der britischen Erfolgsserie „Cash in the Attic“. Ein sympathischer Kerl berät Leute dabei, wie sie Sachen vom Dachboden verhökern. Schnell war klar: Roland Beuge soll den Trödelking geben. Laut, lustig, stark, wie ein Bär auf Red Bull. Sein Markenzeichen: farbige Brillen und schwere Holzschuhe.
Ab Frühjahr 2007 produziert die bis dahin unbekannte Firma Media Uno GbR den „Trödelking“ mit Beuge in der Hauptrolle. Die Media Uno GbR ist ein Gemeinschaftsunternehmen. Hinter der Firma steckt die freie Produzentin Anja Krafzick und die Good Times GmbH, die von der Frau des damaligen WDR-Formatentwicklers Karl-Heinz Angsten geführt wird.
Die Sendung schlägt ein. Die Quoten sind Spitze. Trödelking Beuge wird zu einem Aushängeschild des WDR. Der Sender zahlt von nun an je Folge eine hohe fünfstellige Summe an wechselnde Produktionsfirmen. Bis hierhin glänzt die Erfolgsgeschichte. Doch hinter der Fassade stinkt es.
Die erste Pfändungsankündigung gegen Fernsehstar Beuge geht beim WDR am 26. Juli 2007 ein. Wenige Tage nach der Erstausstrahlung des Trödelkings. Beuge schuldet einem Metallbauer Geld. In einer Antwort-E-Mail weist der WDR jede Verantwortung von sich und sagt, Beuge sei über eine Produktionsfirma beschäftigt. Wenn überhaupt, sei die zuständig. Um welche Produktionsfirma es geht, dazu schweigt der WDR. Stattdessen informiert der Sender die Media Uno GbR. Dort wird der Fall jedoch zu den Akten gelegt. „Ich reagiere da mal erst gar nicht drauf“, schreibt Media Uno Chefin Anja Krafzick in einer E-Mail.
Gläubiger werden abgewiegelt
Diese Methode, Gläubiger abzuwehren, wird in Zukunft Standard beim WDR in Sachen Trödelking. Am 31. August 2007 wiegelt der Sender eine gerichtlich bestätigte Forderung gegen Beuge ab: „Ein Schuldner mit dem Namen ist beim WDR Köln unbekannt.“ Trödelking Beuge stand da schon in jeder Fernsehzeitung. Ein juristisch sauberes Vorgehen, das bei Gläubigern für ungläubiges Staunen sorgt.
Die Schulden von Roland Beuge stammen aus einer Pleite mit einer Verpackungsfirma im Jahr 2002. Beuge tauchte damals ab und begann ein Leben als Trödler, ein Geschäft von der Hand in den Mund. Erst die Fernsehmenschen holten Beuge aus dem Tal und machten ihn zum WDR-Helden.
Heute will der WDR nichts von Pfändungen als früher Warnung wissen. Der Sender teilt mit, er habe „erstmals im September 2010“ von Beuges finanziellen Schwierigkeiten erfahren – nicht wie in den Dokumenten verzeichnet bereits 2007. Zudem seien für den WDR Geldprobleme allein kein Grund die Zusammenarbeit zu überdenken. Hätte der Sender damals allerdings genau hingesehen, wäre es vielleicht nicht zu einem System Trödelking gekommen.
System konnte nur mit Wegschau-Modus funktionieren
Das System konnte nämlich erst dank Wegschau-Modus gedeihen. Noch im Herbst 2007, kurz nach der Ankündigung der ersten Pfändung, baute der Trödelking, damals mit der Hilfe der Media Uno GbR, das Schweizer Modell auf, das seine Einkünfte vor dem Zugriff der Gläubiger schützte und nebenbei noch dabei half, Steuern zu hinterziehen. Zunächst schloss Beuge einen Darstellervertrag ab. Laut diesem verdiente er offiziell 1000 Euro im Monat. Etwa soviel, wie er bekommen durfte, ohne dass sein Einkommen gepfändet werden konnte.
Und dann sorgte er dafür, dass über Zürich weiteres Geld floss. Angeblich hatte der Schweizer Treuhänder Hansjürg Brumann die Lizenz für die Nutzung der Persönlichkeitsrechte von Beuge erhalten. Für diese Lizenz stellte der Treuhänder 5000 Euro je Folge in Rechnung. Anja Krafzick bezahlte im Namen der Media Uno GbR – und nach Ausstieg der Good Times – für deren Folgefirmen insgesamt etwa 250 000 Euro. Schwarzgeld für den Trödelking. Treuhänder Brumann gibt an, mit Wissen von Krafzick von Anfang an nur Strohmann gewesen zu sein. Beuge selbst erklärte im Dezember 2007 seine Privatinsolvenz.
Im Jahr 2010 wechselt die Produktionsfirma für den Trödelking. Nun filmt die Moderatorin Bettina Böttinger mit ihrer Firma Encanto den WDR-Ramschstar. Auch die Encanto macht mit Beuge ein Schweizer Modell. Mit einem Unterschied: Nicht ein Treuhänder stellt Lizenz-Rechnungen, sondern die Firma Horizons Entertainment. Hinter dieser Firma steckt wieder allein Roland Beuge.
Das Ende ist schnell erzählt: Der Trödelking hat viele Feinde. Einer zeigt Beuges Schweizer System an. Steuerfahnder ermitteln. Der WDR wird durchsucht, die Media Uno ebenfalls. Die Fahnder werden fündig. Sie halten Treuhänder und Horizons Entertainment für Briefkästen, deren Einnahmen direkt Beuge zuzuordnen sind. Der Trödelking kommt kurz in Untersuchungshaft. Ein Strafbefehl wird geschrieben, sein Vermögen weitgehend eingezogen. Und damit soll die Sache erledigt sein.
Keiner fühlt sich mitschuldig
Für die meisten stimmt das auch. Bettina Böttingers Encanto will sich zu den Vorgängen nicht äußern. Der WDR sieht keinen Grund, seine Haltung zu ändern. „Eine Überweisung von Vergütungen in die Schweiz ist nicht ungewöhnlich, wenn ein Protagonist oder eine Produktionsfirma ihren Sitz in der Schweiz hat.“ Die letzte Folge Trödelking lief am 16. Dezember 2011. Mit guter Quote.
Roland Beuge ist am Ende. Er bekommt derzeit keinen Job mehr im TV. Die Vmax Streetfigher ist so ziemlich das Einzige, das ihm geblieben ist.