Mülheim. . Beinahe 90.000 Fahrräder sind 2011 in NRW gestohlen worden - über 470 davon in Mülheim. Die Zahl der Drahtesel, die meist von organisierten Gruppen geklaut werden, nimmt stetig zu. Selbst wenn die Polizei das Diebesgut sicherstellen kann, bekommen die Besitzer ihr Rad nur selten zurück.
Manchmal gerät man an den Falschen: Einem Zivilfahnder, der im Drogenmilieu ermittelte, wurde am Mittwochnachmittag auf der Eppinghofer Straße von einem 39-jährigen Mann ein besonders günstiges Fahrrad angeboten. Weil der verhinderte Verkäufer nicht glaubhaft nachweisen konnte, wie er an das Rad gekommen war, steht das grüne Fahrrad mit dem Bügelschloss jetzt im Keller des alten Polizeipräsidiums an der Von-Bock-Straße.
Wenn das Rad möglicherweise zu seinem Besitzer zurückfindet, wäre das ein Fall, der die Aufklärungsquote – sie liegt nur bei 5 bis 10 Prozent – positiv beeinflussen könnte. Denn die Polizei hat in den letzten Jahren immer häufiger mit Fahrraddiebstählen zu tun – und in den seltensten Fällen bekommt der Bestohlene den Drahtesel zurück.
Gelegenheits-Diebe sind die Ausnahme
Beinahe 90.000 Fahrräder wurden 2011 in ganz NRW geklaut. Die Zahlen steigen auch in Mülheim an. Wurden im Jahr 2010 insgesamt 348 Fahrräder gestohlen, so waren es im vergangenen Jahr schon 474. Und im Vergleich zum ersten Halbjahr 2011 ist für 2012 eine steigende Tendenz der Fallzahlen erkennbar, teilte die Polizeipressestelle auf Anfrage mit.
Jürgen Achterfeld, der Leiter des Mülheimer Regionalkommissariats KK 64, weiß, das verschiedene Tätergruppen am Werk sind. Gelegenheits-Diebe, die ein Rad klauen, weil sie gerade ein Fahrzeug brauchen, stellen dabei den geringsten Anteil. „Das kann man an ein, zwei Händen abzählen.“ Diese Räder werden dann irgendwo abgestellt oder ins Gebüsch geworfen.
Organisierte Gruppen
Der Raddiebstahl als Massendelikt sorgt für die steigenden Zahlen. Zugenommen hat aus Sicht des ersten Kriminalhauptkommissars der Diebstahl von organisierten Gruppen. „Solche Gruppen sind ähnlich organisiert, wie jene Tätergruppen, die Kfz-Diebstähle begehen“, erläutert Jürgen Achterfeld.
Bei polizeilichen Kontrollen wurden vor einigen Monaten – auch im Bereich des Polizeipräsidiums Essen/Mülheim – in der Nacht Kleinlaster angehalten, bei denen man dann 30, 40 Fahrräder im Laderaum gefunden hat, berichtet Achterfeld. Organisierte Fahrraddiebe, so Achterfeld, seien überregional und bandenmäßig tätig, sie klauten auch nicht gezielt, sondern vor allem da, wo viele Räder abgestellt worden sind. „Einer fährt das Auto, die anderen stehlen – und zwar vor allem die Räder, die am schlechtesten gesichert sind.“ Die geklauten Räder werden, im Ganzen oder in Teilen, auf Trödelmärkten veräußert oder direkt ins östliche Europa transportiert.
Rahmennummer unbedingt notieren
Natürlich gibt es auch noch die Täter, die ein einzelnes Rad klauen, um es dann schnell zu Geld zu machen. „Ein 1000-Euro-Rad bringt dann vielleicht gerade mal 50 Euro.“ Da „lohnt“ es sich für Fahrraddiebe schon eher, hochwertige Räder zu stehlen, um die einzelnen Komponenten dann einzeln zu verhökern: höherwertige Schaltwerke, hydraulische Scheibenbremsen oder teure Laufradsätze werden abgebaut – der Rest, der Rahmen, wird einfach weggeworfen oder landet im Altmetall.
Die Polizei kann das Diebesgut zwar sicherstellen, dem rechtmäßigen Besitzer zurückgeben kann sie es nur selten. „Wir müssen nachweisen, dass genau dieses Rad entwendet wurde“, erklärt Jürgen Achterfeld. Die Rahmennummer sollte sich ein Fahrradbesitzer unbedingt notieren, empfiehlt Achterfeld, nur so hat man die Chance, ein geklautes Rad von der Polizei zurückzubekommen „Jede Rahmennummer wird ins polizeiliche Fahndungssystem eingegeben. Das ist so ähnlich, wie das Kennzeichen oder die Fahrgestellnummer beim Auto.“
Es komme sogar vor, erklärt der Kripobeamte, dass jemand sein Rad im Internet bei einer Versteigerungsaktion entdeckt. Auch dann, so Achterfeld, müsse der Besitzer beweisen können, dass es sich wirklich um sein gestohlenes Fahrrad handelt. „Sonst bekommt der Anbieter das Rad zurück.“