Mülheim. Neben Peter Handke - Gewinner des Dramatikerpreis - wurde in diesem Jahr mit Jens Raschke zum dritten Mal ein Sieger in der Kategorie Kinderstücke bei den Mülheimer Theaterpreisen ausgezeichnet. Für OB Dagmar Mühlenfeld ein Beleg dafür, dass “ein überzeugendes Kulturangebot“ für Mülheim unverzichtbar sei.

Peter Handke als Träger des 37. Mülheimer Dramatikerpreises – das sorgte für Aufmerksamkeit.

Und so nutzte die preisverleihende Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld (SPD) am Sonntagmittag die Feierstunde zum Abschluss des bundesweit beachteten Stücke-Wettbewerbs für eine kulturpolitische Festlegung: „Politik und Stadtgesellschaft in Mülheim halten ein überzeugendes Kulturangebot für unverzichtbar, gerade weil die finanzielle Lage so dramatisch ist“ – da brauche es den künstlerischen Diskurs, das gemeinsame Nachdenken in einer sich immer weiter auseinanderentwickelnden Gesellschaft umso mehr.

So gehöre der „ständig wachsende Rechtfertigungsdruck“ für alles Kulturelle zu den „unguten Auswirkungen“ einer „unsäglichen Finanzdebatte“. Umso mehr freue sie sich, dass Bund und Land als Ko-Finanziers der „Stücke“-Tage „keine Sekunde gezögert“ hätten.

"Voller Musikalität und starker Bilder"

Neben dem Hauptpreis für Peter Handkes Geschichtsdrama „Immer noch Sturm“ gab es in diesem Jahr mit Jens Raschkes „Schlafen Fische“ zum dritten Mal einen Sieger in der Kategorie Kinderstücke, was die OB von einem mittlerweile „etablierten Teil des Festivals“ sprechen ließ: Es sei „genau die richtige Entscheidung“ gewesen, die „Stücke“ um diese Facette zu erweitern. Und da es für eine Auslastung von 94 Prozent gesorgt habe, sei auch „das von vielen hoch gelobte Publikum in Mülheim“ seinem Ruf gerecht geworden.

Raschkes „Schlafen Fische“ besteht aus dem Monolog einer Zehnjährigen, die ihren kleinen Bruder Emil auf dem Friedhof besucht – er starb ein Jahr zuvor an Krebs. Die Schauspielerin Bettina Storm vom Kieler Theater im Werftpark, das Raschkes Stück zur Uraufführung gebracht hatte, lobte den Autor und seine Arbeitsweise als echte „Rarität“. Er traue und mute seinem Publikum viel zu in den von ihm geschaffenen Welten „voller Musikalität und starker Bilder“, die „Sensibilität und Dreistigkeit“ gleichermaßen enthielten.

Reisebericht aus der Ukraine

Thomas Oberender, ehemaliger Schauspielchef der Salzburger Festspiele, bei denen „Immer noch Sturm“ uraufgeführt wurde, übernahm die Laudatio auf Handke. Der gehe mit diesem Stück „unter die Menschen“, es sei „so schlagend einfach, dass es jeder verstehen kann“, Familiengeschichte werde zu Weltgeschichte, es sei ein politisches Stück ohne Ideologie, und es sei „kunstvoll, ohne einem Muster zu gehorchen“. Oberender erwähnte, dass sich der Titel einer wiederholten Regieanweisung in jenen Szenen von Shakespeares „King Lear“ verdanke, in denen Lear einsam auf der Heide dem Wahnsinn verfalle und ausgerechnet darin zur Einsicht komme.

Und doch hätten Freunde, als er von der Aufgabe erzählte, eine Laudatio auf Peter Handke zu halten, „Na denn viel Glück!“ gewünscht. Dabei sei Handke „ein federleichter, generöser Mensch mit schweren Schuhen, ein junger Dichter“.

Der wiederum war entzückt von Philipp Löhle, dem Gewinner des Publikumspreises („Ich habe auch gehört, dass in Mülheim das beste Publikum sein soll – und speziell in diesem Jahr glaube ich fest daran“). Löhle trug einen heiter-ironischen Reisebericht aus der Ukraine vor, der vor allem um die Stadt Czernowitz kreiste. „Endlich habe ich etwas gemeinsam mit der Jugend“, sagte Handke (69) darauf; denn der Redakteur, der in der „Kärntner Volksstimme“ das erste Stück des 15-jährigen Peter abgedruckt habe, „kam auch aus Czernowitz“. So klein ist die Welt. Manchmal.