Mülheim. .

Jeder Mülheimer macht morgen sein Portmonee auf und 25,39 Euro für die Stadt locker – und das marode Schloss Broich könnte sofort saniert werden. Da eine solche Rechnung nicht zu machen sein wird, gehen die Verantwortlichen bei der Stadt von einem langwierigen Prozedere bis Ende 2017 aus, bis die bröckelnden und bröselnden Schlossmauern wieder stand- und witterungsfest sind. Eine intensive bautechnische Prüfung ergab kalkulierte Sanierungskosten in Höhe von 4,28 Millionen Euro.

Am Dienstag präsentierten die Mülheimer Stadtmarketing- und Tourismus-Gesellschaft (MST) als Schlossherrin und die Beteiligungsholding (BHM) als deren gesellschaftsrechtlicher Überbau Kostenabschätzung und Sanierungsplan für die denkmalgeschützte spätkarolingische Burganlage, die als älteste ihrer Art nördlich der Alpen gilt. Dr. Ägidius Strack, der der MST als Fachberater zur Seite steht, fehlte dabei aus Krankheitsgründen.

Experte wertete über 3000 Fotos aus

Nachdem bereits im Herbst 2009 einige Steine aus der Ringmauer des Schlosses herausgebrochen waren, sind akribische Analysen unternommen worden. So haben Kölner Studenten in einem Bauforschungsprojekt das komplette Mauerwerk kartiert – Stein für Stein wurde ein Schadensbild aufgenommen.

Zusätzliche Erkenntnisse, etwa über chemische Zersetzungsprozesse, brachte eine Mörtelanalytik der Uni Dortmund. Kernbohrungen ermöglichten Einblick in das Innere des zweischaligen Mauerwerks, das mit Schutt gefüllt ist, der durch eindringendes Wasser in Bewegung gerät und die Statik angreift. Strack wertete 3000 Bestandsfotos, Archivmaterial und alte Gutachten aus. Selbst das Aufkommen von Mauerpfefferpflanzen und in der Mauer beheimatete Fledermäuse wurden erfasst...

Kosten geringer als noch 2010 geschätzt

Ergebnis: Die Kosten für eine Restaurierung fallen zwar glücklicherweise nicht so hoch aus wie im Jahr 2010 vorsichtig geschätzt (5,5 Millionen Euro), werden aber immer noch von ganz beträchtlicher Natur sein. 4,28 Millionen Euro hat Strack errechnet – davon sind bereits 200.000 Euro für die Notsicherung einzelner Mauerteile im Holzkorsett und die Sanierung des Torbogens geflossen.

Die Finanzierung wird ein Kraftakt werden. Um in möglichst viele Fördertöpfe der Denkmalpflege greifen zu können, sehen MST und BHM die Sanierung in fünf Bauabschnitten bis 2017 vor. Möglichst noch in diesem Jahr soll die Schlossfassade an der Duisburger Straße in Angriff genommen werden, um dort die Gefahren des Steinschlags zu bannen und Absperrzäune vom Geh- und Radweg entfernen zu können. 440.000 Euro soll dies kosten.

Holding muss Sanierung aus eigenen Mitteln finanzieren

Die Beteiligungsholding will den Abschnitt, sofern sie Anfang Juli grünes Licht vom Stadtrat bekommt, aus Eigenmitteln finanzieren; heißt: Sie müsste das Geld an anderer Stelle versuchen einzusparen. Zusätzliches Geld vom Kämmerer will BHM-Geschäftsführer Dr. Hen­drik Dönnebrink nicht anfordern.

„Wir werden einen großen Teil mit eigenen Mitteln machen müssen“, prognostiziert er, da eine voluminöse Förderung mit Städtebaumitteln nach jüngster Entscheidung des Bundes letztmalig in diesem Jahr beantragt hätte werden können. Dafür hätte Mülheims Politik aber das „Integrierte Innenstadtkonzept“ beschließen müssen, was aufgrund vieler offener Fragen in der Innenstadtentwicklung jüngst verschoben worden ist.

Sanierung soll die Burganlage langfristig sichern

MST-Prokuristin Heike Blaeser-Metzger ist dennoch froh, nun endlich ein umfassendes Konzept zur Schlosssanierung auf dem Tisch zu haben, das „kein Flickwerk“ bedeute, sondern die Burganlage langfristig sichere. 4,3 Millionen Euro Aufwand sind kein Pappenstil – aber der Erhalt des Denkmals ist eben auch gesetzliche Pflicht.

Seinen Frust mochte BHM-Chef Dönnebrink dennoch nicht verhehlen: „Bei diesem Projekt steckt nicht einmal eine Wertsteigerung wie zuletzt bei den Investitionen in die Stadthalle drin. Bei der Schlosssanierung haben wir vorher alte Steine – und nachher alte Steine.“