Mülheim.

Wie geht es nach der am Freitag angekündigten Abwicklung des Schlecker-Drogeriemarkts weiter mit den Filialen und ihren Mitarbeitern in Mülheim? An der Eingangstür des Ladens an der Eppinghofer Straße wird immer noch Optimismus im A3-Format versprüht: „Wir sind weiter für Sie da“, heißt auf einem Plakat, „und wir arbeiten gerne in unserem Schlecker-Markt.“ Unterzeichnet haben das die „Familie Schlecker und Mitarbeiter“.

Drinnen kündet nichts von der beschlossenen Abwicklung: Viele Kunden stöbern in den engen Gängen, kaufen Shampoo, Schampus und Kopfschmerztabletten. Die – einzige – Mitarbeiterin scheint an allen Stellen zugleich zu sein. Hier sucht ein Kunde seinen Lieblingsduft, dort will er eine Bestellung abwickeln und ständig muss kassiert werden. Das Geschäft an der Ecke Bruchstraße ist der einzige Drogeriemarkt im Nahversorgungsumfeld. Wenn er hier dicht macht, entsteht eine Lücke.

„Heute morgen kam ein Anruf, dass es erst einmal weitergeht“, gibt die Mitarbeiterin Auskunft auf die Frage nach dem Schild im Schaufenster. Doch wie lange konkret, weiß sie nicht.

Die Fähigkeit, überall zu sein

Auf die Frau mit der Fähigkeit, überall zugleich sein zu können, zu beraten, zu kassieren und abends das Geschäft wie ein Inhaber abschließen zu müssen, wartet der Mülheimer Arbeitsmarkt. Folgt man Heike Borries, Sprecherin der Agentur für Arbeit in Essen, soll die Aussicht nicht schlecht sein: 256 Stellen hat Mülheim im Dienstleistungsbereich zu bieten, 80 im Handel – darunter auch solche im fachfremden Kfz-Bereich. Stark gesucht werden Servicekräfte in der Gastronomie.

Schlecker-Mitarbeiterinnen besitzen viele Kompetenzen, lobt Borries. Dennoch werden manche von ihnen die Zeit mit Jobs für ungelernte Kräfte überbrücken müssen, bis sie etwas Passendes finden: zum Beispiel Essen in Kitas verteilen, Floristen zur Hand gehen, putzen.

Für Henrike Greven, Geschäftsführerin des Verdi Bezirks Mülheim, liest sich diese Liste von Jobangeboten allerdings wie der blanke Zynismus. „Weil es angeblich viele Arbeitsplätze im Einzelhandel gibt, ist eine Transfergesellschaft abgelehnt worden“, ärgert sich Greven. Wäre es um eine Männer-dominierte Branche gegangen, ist sie sich sicher, hätte man anders reagiert. Die Jobchancen schätzt die Verdi-Frau hingegen schlechter ein. Denn der Einzelhandel versuche seit einiger Zeit Tariflöhne und Urlaubsansprüche zu unterwandern.

Den Hinweis „Wir sind weiter für Sie da“ hält Greven für reine Psychologie, damit die Mitarbeiterinnen nicht krank feiern, und der Ausverkauf beginnen kann. „Nach sechs Monaten Nervenkrieg, könnte ich es allerdings verstehen, wenn die Frauen das machten.“