Mülheim.
Es sind nicht immer nur die Autofahrer schuld, wie der jüngste Fall auf der Blumenstraße in Styrum zeigt: Ein Fußgänger verursachte den Unfall, brachte einen Radfahrer zu Fall, der verletzte sich, der Fußgänger haute ab. Fußgängerflucht ist allerdings die Ausnahme. Fahrerflucht längst nicht mehr.
Trotz aller Appelle und Warnungen gibt es keine Besserung. „Wir haben es mit einer enormen Zahl von Vorgängen in den letzten Jahren zu tun“, beklagt Polizeihauptkommissar Adrian Czaplenski eine Zunahme der Fälle.
Er arbeitet in der Verkehrsdirektion der Polizei in Mülheim und ist Spezialist für Fahrerflucht. 1266 Fälle bearbeiteten die insgesamt fünf Beamten in der Abteilung allein im vergangenen Jahr. Danach endet inzwischen jeder fünfte Unfall in Mülheim mit einer Flucht. Das Spektrum reicht vom kleinen Kratzer bis zur verletzten Person, die auf der Straße liegen bleibt.
Fahrzeuge ineinander geschoben
Zum Glück, sagt Czaplenski, seien die Vorfälle mit Personenschäden die wenigsten. Aber immerhin sind es noch um die 50 Bürger im Jahr, die leicht oder auch schwer verletzt wurden, und um die sich keiner kümmerte.
Das Meiste sind Sachschäden: Parkrempler, Auffahrunfälle, Streifen beim Vorbeifahren. „Wir haben es mit einem kaputten Spiegel zu, aber auch mit Unfällen, bei denen sich am Ende ein Schaden von mehreren tausend Euro herausstellt“, so die Polizei.
Einer der jüngsten Vorfälle ereignete sich in Dümpten. Durch einen Unfall wurde drei Fahrzeuge ineinander geschoben, der Täter flüchtete. Schaden: 18.000 Euro. Das verursachende Unfallfahrzeug konnte zwar schnell ermittelt werden. Aber wer fuhr es? „Manchmal haben wir Glück, finden Blutspuren, Haare an der Windschutzscheibe oder brauchbare Fingerabdrücke im Fahrzeug“, schildert Adrian Czaplenski. Doch dieses Glück hatten sie in dem Fall nicht. Also wird weiter ermittelt. Mehrere Verdächtige gibt es, doch alle leugnen.
Hohe Aufklärungsquote
Fahrerflucht aufzuklären, ist oft eine Geduldsarbeit wie bei dem Unfall in der Tiefgarage Schloßstraße vor einigen Wochen. Als ein Autofahrer zu seinem Wagen zurückkommt, stellt er einen massiven Schaden fest, weit und breit ist niemand zu sehen. „Wir haben dann mit Hilfe der Überwachungskameras sämtliche Fahrvorgänge im Umkreis des geschädigten Fahrzeuges überprüft.
Sehr aufwendig“, berichtet der Hauptkommissar. Aber erfolgreich. Der Verursacher konnte gefunden werden. „Unser Hauptziel ist es, dass der Geschädigte seine Ansprüche geltend machen kann“, heißt es bei der Polizei. Nebenbei: Unfallflucht ist eine Straftat, auch wenn nur der Spiegel bricht.
Die Aufklärungsquote ist bei Fahrerflucht mit Personenschäden recht hoch, drei von vier Fällen schließt die Polizei erfolgreich ab. Auch weil es hier Zeugen gibt. Bei den Sachschäden, die sich häufig in Parkhäusern oder auch nachts ereignen, sind Zeugen meist nicht zugegen. Farbreste, Fahrzeugsplitter helfen weiter. „Wir haben Möglichkeiten und bleiben hartnäckig“, betont Czaplenski.
Moral im Straßenverkehr hat nachgelassen
Erklärungen dafür, dass Fahrerflucht zunimmt, hat die Polizei: Es passe leider in den allgemeinen Trend, dass die Moral im Straßenverkehr in vielerlei Hinsicht nachgelassen habe. „Viele stehen halt nicht mehr zu dem, was sie angerichtet haben.“ Und: Viele haben nur den Eigennutz im Sinn. Heißt: Ich will nicht zahlen, will nicht meinen Schadensfreiheitsrabatt bei der Versicherung verschlechtern, habe keine Lust auf Unannehmlichkeiten. Auch Fahren unter Alkohol ist in so manchem Fall der Grund für die Flucht, weiß die Polizei aus Erfahrung, etwa durch eine schnelle Aufklärung mit Hilfe des Streifendienstes.
Was sich bei Vernehmungen immer wieder ergibt, ist die Ausrede: Hab’ nichts gemerkt. Aber auch das, so Czaplenski, könne in den meisten Fällen widerlegt werden – durch Zeugen, die schildern, dass der betreffende Autofahrer sogar noch ausgestiegen sei. . .