Galerie 20 in Mülheim zeigt Fotografie-Miniaturwelten
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Mülheim. . Bergsteiger klettern über eine Thunfischpizza, Surfer reiten auf Orangenschalen. Der Sozialpädagoge Oliver Hilterhaus inszeniert Welten, die es gar nicht gibt. Er arrangiert Miniaturfiguren in einer Fantasiewelt und fotografiert sie. Die WAZ besuchte ihn in seiner “Galerie 20“ in Mülheim.
„Fast alles kann Kunst sein“, sagt Oliver Hilterhaus. „Um sie zu erkennen, muss man all seine Sinne gebrauchen – was auch schon wieder eine Kunst ist.“ Ein Besuch in der „Galerie 20“ an der Auerstraße – beim „Puppenspieler“ Hilterhaus, wie die WAZ über den Künstler dereinst titelte.
Die Galerie liegt zwar nicht hinter den sieben Bergen, aber eben doch hinter den Bahnbögen im Norden der Auerstraße. Tote Hose herrscht da – zum Leidwesen des freischaffenden Künstlers, der sich aber die Miete für ein zentraler gelegenes Ladenlokal schlichtweg nicht leisten kann. Hilterhaus lebt nicht von der Kunst, sondern von seinem Job als Sozialpädagoge im Josefshaus der Caritas an der Gracht, einem Wohnhaus für Menschen mit psychischer Erkrankung.
Mehr online werben
Schon einmal hatte der 48-Jährige versucht, sich mit seiner Kunst dauerhaft öffentlich zu präsentieren. Aber sein Kunst-Kiosk am Lindenweg in Speldorf litt unter mangelnder Passantenfrequenz. „Die Leute kamen“, so Hilterhaus, „um Zigaretten zu kaufen.“ Das reichte gerade für die 85 Euro Miete im Monat.
Small Worlds
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Seit nun zehn Monaten gibt es die „Galerie 20“ an der Auerstraße. Auch hier: Schattendasein. Hilterhaus überlegt, wie er dort rauskommt. Er hat sich eine Webseite gebaut, will mehr online vertreiben.
"Fast alles kann Kunst sein"
Ein Blick ins Schaufenster und dort hindurch liefert aber einige Hingucker. Hilterhaus, Kinofan und Sammler von 30 Zentimeter hohen Wachsfiguren aus bekannten Filmen, zeigt dort etwa Dioramen mit maßstabsgetreu nachgebauten Filmszenen, die etwa auch im Star-Wars-Museum in M’gladbach zu finden sind.
Lange hat Hilterhaus auch mit Barbie-Puppen, auf Flohmärkten und bei Ebay gekauft, gearbeitet, sie etwa zum Kronleuchter verarbeitet. Beim Schaufenster-Wettbewerb in der Innenstadt landete er auf dem dritten Platz mit seiner Dekoration im Pelz-Atelier Jaquet Peter. Barbie-Puppen in Pelz gehüllt – schräg, aber schließlich gilt auch hier das Motto von Hilterhaus: „Fast alles kann Kunst sein...“
Kreativität und Vermarktung
Auch aktuell hat sich der 48-Jährige Figuren gewidmet, sich aber wohl für Inszenierungen entschieden, die ein deutlich breiteres Publikum ansprechen dürften: In seinen „Small Worlds“ (kleinen Welten) lässt Hilterhaus H0-Figuren mit dem Fallschirm auf einem Broccoli landen, lässt sie in ein Eigelb tauchen, eine kleine Kümmerling-Flasche anschieben, auf einer Orangenschale skaten...
Mit den Miniaturfiguren inszeniert er Welten, die gibt’s gar nicht. Die Fantasie-Welten aber sind so liebe- wie humorvoll arrangiert, dass sie, fotografiert und überdimensional auf Leinwand gebracht, schicke und gleichsam anregende Wohnaccessoires sind. Gut 80 Motive hat Hilterhaus im Kasten, spontanen Ideen folgt schnell die Umsetzung. Und wenn dann der Bergsteiger über die Thunfisch-Pizza klettert, bis diese kalt ist.
Hilterhaus hofft, seine Kunst vielleicht auch an Gewerbekunden bringen zu können. „Von der Zahnarztpraxis bis zum Schuster gibt es da viel Potenzial“, rattern schon seine Gedanken. Nur mit dem Vermarkten klappt es nicht so wie nötig. „Das ist eine große Schwierigkeit“, schmunzelt Hilterhaus. „Kreativ zu sein und sich zusätzlich noch zu vermarkten.“
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