Mülheim. Die achtzehnjährige Laura Rühl aus Mülheim ist deutsche Nachwuchs-Meisterin im Cutting - eine Variante des Westernreitens. Dabei muss ein einzelnes Rind von seiner Herde durch Reiter und Pferd abgetrennt werden. Der Sport ist schnell und nicht immer ungefährlich.

Es ist, gemessen an den Preisgeldern, die am drittbesten dotierte Sportart in den USA – hinter Tennis und Golf. In Deutschland ist Cutting, eine Variante des Westernreitens, weniger verbreitet. Doch ein Nachwuchstalent kommt aus Mülheim: Laura Rühl (18) besucht die zwölfte Klasse des Gymnasiums Broich und ist amtierende deutsche Nachwuchs-Meisterin im Cutting.

Von den Klassenkameraden werde sie gefragt: „Was ist das denn? Was machst du denn da mit den Kühen?“, erklärt die Oberstufenschülerin. Dann führe sie ein Video vor, das zeigt, wie sie auf ihrem Wallach „Talk About Jason“ eine Kuh davon abhält, zurück zur Rinderherde zu laufen.

„Das Pferd weiß alleine, was es zu tun hat“, sagt Rühl. Zunächst wird eine Kuh aus der Herde herausgeführt. „Die möchte natürlich wieder zu den anderen zurück.“ Dann beginnt der Wettkampf, Reiter und Pferd haben zweieinhalb Minuten Zeit, das Rindvieh von der Herde fernzuhalten. „Das Pferd macht das eigentlich alleine. Ich lege die Zügel auf seinen Hals, und er weiß, was zu tun ist.“

Das Pferd bewegt sich fast katzenartig

Das Pferd verhindert, dass die Kuh zurück zu ihren Artgenossen läuft, indem es sich ihr immer wieder in den Weg stellt. Dabei bewegt es sich fast katzenartig: „Es liegt zum Teil flach im Sand, weil es sehr wendig ist und schnell abdrehen kann.“ Und was hält die Kuh davon? Es gäbe keinen direkten Kontakt zwischen den Tieren, und nach zweieinhalb Minuten hätten beide eine Pause. Außerdem darf nicht mit der Kuh gearbeitet werden, wenn sie beispielsweise dem Pferd die Kehrseite zeigt.

Viele Pferde hätten Angst vor Rindern, doch die Quarter Horse-Pferde, eine Rasse, die aus den USA stammt und beim Westernreiten zum Einsatz kommt, hätten „einen Sinn für Kühe“. So auch der achtjährige „Talk About Jason“. „Er hat richtig Spaß daran“, versichert Laura Rühl. Seit rund zweieinhalb Jahren sind die Mülheimerin und der Wallach ein Team. „Er gehört meinem Papa“, erklärt die sie stolz.

Wie ist sie zu dieser ungewöhnlichen Sportart gekommen? „Mit acht, neun Jahren habe ich mit Dressur-Reiten angefangen.“ Die Turniere seien sehr streng gewesen, die Eltern der anderen Kinder sehr ambitioniert. Das sei ihr „zu elitär“ gewesen. Mit zwölf Jahren sattelte sie um: „Meine Tante ist Western geritten, ich habe es ausprobiert und fand das gut.“ Irgendwie ungezwungener. „Schon alleine, wie man sich anzieht, locker mit Jeans und Bluse.“ Rühl trainiert nun bei einem Stall in Marl – manchmal mit echten Kühen, manchmal mit einer maschinellen Attrappe aus Pappmaché, die auf Schienen hin und her fährt.

Ein nicht ungefährlicher Sport

Großes Vertrauen herrsche zwischen ihr und dem Wallach: „Ich muss ihm im Wettbewerb vertrauen können, dass mir nichts passiert. Es ist ein sehr schneller Sport und nicht ungefährlich. Und er muss sich auch auf mich verlassen können, sonst würde das nicht funktionieren.“

Bei Turnieren sind die beiden immer aufgeregt: Der Vierbeiner, weil er die Fahrt im Anhänger nicht mag. Die Zweibeinerin vor allem wegen des Publikums. Zwei Mal haben sie an den deutschen Meisterschaften teilgenommen und bei der letzten Auflage, im Herbst in Aachen, gewonnen. „Das war überwältigend“, erinnert sie sich. „Wenn es möglich ist, wollen wir auch in diesem Jahr wieder mitmachen.“ In den Osterferien besucht sie erst einmal ein großes Turnier in Dallas, Texas. „Nur als Zuschauerin“, aber sie freut sich trotzdem.

Worauf es bei Wettkämpfen ankommt

Der Begriff „Cutting“ leitet sich ab von dem englischen Wort für schneiden (to cut) und beschreibt das „Abschneiden“ oder „Abtrennen“ einer einzelnen Kuh von der Herde durch Reiter und Pferd. Bei Cutting-Wettkämpfen bewertet eine Jury, ob das Pferd eigenständig arbeitet oder Hilfe durch den Reiter braucht.

Jedes Team startet mit 70 Punkten und kann durch die Bewertung Punkte dazu bekommen oder verlieren. Zweieinhalb Minuten dauert die Wettkampfzeit, wenn es die Kuh innerhalb dieser zurück zur Herde schafft, darf der Reiter eine neue auswählen.