Mülheim. .
Gleich 20 Rollen Müllsäcke befördert die Kundin auf das Kassenband im Drogeriemarkt „dm“ an der Schloßstraße. Gerade darf es von allem etwas mehr sein. Ist ja für den guten Zweck. Händler und Caritas haben zur Kassieraktion zugunsten des familienunterstützenden Angebotes „FamilienStart“ eingeladen. So kommen nach 30 Minuten Kassier-Marathon 1300 Euro zusammen. Filialleiterin Katharina Wolff erklärt, dass die Kunden mit der Aktion sehen würden, dass hier etwas bewegt werde. Natürlich sei das auch Öffentlichkeitsarbeit. Von einem „sozialen Touch für das Unternehmen“ spricht Monika Schick-Jöres von der Caritas.
Die Drogeriekette hat etwas für ihr soziales Image getan, die Caritas Spenden erhalten und der Kunde das Gefühl, etwas Gutes bewirkt zu haben. Das Prinzip ist bekannt – und bewährt. Bier trinken und den Regenwald retten, Tafelwasser konsumieren und Brunnen bauen, Cent-Beträge aufrunden und die Zukunft von Kindern sichern.
Kunden spenden
Cause-Related Marketing heißt der Fachbegriff dafür, erklärt Prof. Manfred Krafft, Leiter des Instituts für Marketing an der Universität Münster: „Das ist die Kombination aus einem Unternehmen und einer Non-Profit-Organisation und zahlen tut der Kunde.“ Heißt: Eine Firma und eine wohltätige Organisation machen gemeinsame Sache, werben mit einer Aktion für sich und die Kunden spenden.
Auch die Mülheimer Unternehmensgruppe Tengelmann organisiert wohltätige Aktionen. Ein Beispiel: Im Jahr 2010 kamen 1,2 Millionen Euro für die Opfer der Erdbebenkatastrophe in Haiti zusammen. Von jedem Einkauf ging ein Cent in die Karibik. Jutta Meister von der Tengelmann-Pressestelle erklärt: „Prinzipiell sind das alles Projekte, wo wir einfach helfen möchten.“ So hat das Unternehmen ein großes Portfolio an Hilfsprojekten. Wenn sich Tengelmann oder seine Töchter engagieren, dann bei einer Aktion, die auch zur Firma passe, das müsse „glaubwürdig sein.“ Der Grundgedanke des Familienunternehmens sei, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Ob das auch Werbung ist? „Es ist falsch zu sagen, dass man sich nicht einen Namen macht.“
"Schuss kann auch nach hinten losgehen"
Krafft erklärt: „Man weiß, dass Unternehmen, die sich nachhaltig engagieren, positiv wahrgenommen werden.“ Welche Vorteile hat Cause-Related Marketing? Für die wohltätige Organisation biete das Prinzip den Vorteil, dass sie mehr Spenden regenerieren kann, ihre Bekanntheit wird erhöht. „Ihre Mission wird klar“, sagt Krafft. Allerdings: „Der Schuss kann auch nach hinten losgehen, weil man sich irgendwo auch verkauft.“ Auch könne es negative Auswirkungen auf das Spendenverhalten haben. Denn dem Kunden werde ständig das Gefühl gegeben, er spende und so können etwa traditionelle Einzelspenden vor Weihnachten wegfallen.
Krafft zählt die Vorteile für die Unternehmen auf: Das Bild, das Kunden von der Firma haben, werde positiv aufgeladen. „Das soziale Image eines Unternehmens ist sonst nur schwer veränderbar.“ Auch im Unternehmensinneren hat Cause-Related Marketing einen positiven Effekt, kann etwa zur Mitarbeitermotivation beitragen.
"Aus ethischer Sicht kann man das kritisch sehen"
Und was ist mit den Kunden? „70 Prozent der Menschen in Deutschland sind bereit zu einer Marke zu wechseln, die ein soziales Image hat“, erklärt Krafft. Wenn die Kunden etwa Bier kaufen und dabei den Regenwald retten, gibt ihnen das ein gutes Gefühl. „Das gute Gewissen wird positiv gefördert“, erklärt der Professor. Aber ist das nicht auch Manipulation? „Absolut. Aus ethischer Perspektive kann das sehr kritisch gesehen werden.“ Man sollte als Kunde kritisch reflektieren, was man konsumiert.
Gerade im Lokalen ist Cause-Related Marketing erfolgreich. Je näher der Kunde dran sei, je erlebbarer und transparenter die Aktion, desto größer sei die Spendenbereitschaft.