Frankfurt/Main.
Verbraucher- und Umweltschützer kritisieren den Trend der Industrie zum „grün waschen“ von Produkten. Werbeversprechen für Naturschutz oder Sozialprojekte fehle oft die nötige Transparenz. Die Umweltorganisation WWF setzt unterdessen auf die Kooperation mit Unternehmen.
Schokoladenhersteller, die den Schutz von Regenwald in Aussicht stellen und Bananenproduzenten, die Schulprojekte in Südamerika fördern wollen - kaum ein Produkt im Supermarkt scheint mehr ohne ein derartiges Werbeversprechen auszukommen. Der Verbraucher steht ratlos davor: Ein Siegel, das Wahrheitsgehalt und Sinnhaftigkeit der beworbenen Projekte garantiert, gibt es nicht.
«Es gibt keine zentrale Stelle, die das überprüft», sagt Christian Fronczak vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Jeder müsse sich deshalb selbst fragen, ob das beworbene Projekt Sinn machen könne oder nicht. «Eine klare Transparenz fehlt», kritisiert Fronczak. Der Bundesverband stehe solcher Werbung kritisch gegenüber und prüfe, wie und ob hier juristisch vorgegangen werden könne.
Der Experten-Rat: Verbraucher sollten sich bei ihrer Kaufentscheidung von den Versprechen nicht beeinflussen lassen und Spenden besser direkt an Hilfs- oder Umweltorganisationen überweisen. Über das Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) seien diese zertifiziert und Transparenz somit garantiert.
„Greenwashing“ stößt Umweltschützern bitter auf
Das «Greenwashing» (wörtlich «grün waschen») - so nennen Kritiker den Vorgang, wenn sich Konzerne ohne ökologische Wende einen grünen Anstrich geben wollen - stößt Umweltschützern bitter auf. Für die Konzerne stünden dabei Verkaufs- und Imageinteressen im Vordergrund, wirkliches Interesse an Umwelt- oder Klimaschutz sei dagegen meist nicht vorhanden, argumentieren sie.
Auch die Unterstützung sozialer Projekte werde zunehmend genutzt, um die Diskussion über unzumutbare Lebens- und Arbeitsbedingungen in den Herkunftsländern von Produkten zu versilbern. Teils sollen solche Versprechen von Defiziten in anderen Bereichen ablenken, kritisiert die Verbraucherorganisation Foodwatch.
Hierzulande bekannt wurde unter anderem die Werbung einer Brauerei, die beim Kauf eines Bierkastens den Schutz eines Quadratmeters Regenwald in Zentralafrika versprach. Kooperationspartner war die Umweltorganisation WWF, die derzeit mit insgesamt 42 Organisationen im sogenannten Cause Related Marketing (zweckgebundenes Marketing) kooperiert - darunter Supermarktketten, Mobilfunkanbieter und Farbenhersteller.
Der WWF sehe darin «eine gute Möglichkeit, zusätzliche Gelder einzuwerben und den Bekanntheitsgrad der Organisation zu steigern», erklärt Pressesprecher Jörn Ehlers. Im Jahr 2008 seien so rund drei Millionen Euro zusammengekommen - bei Gesamteinnahmen von etwas über 40 Millionen Euro.
96,7 Quadratkilometer Wald unter Schutz gestellt
«Dabei handelt es sich um Geld, das ansonsten nicht bei einer Umweltorganisation gelandet wäre», sagt Ehlers. Die Kooperation mit der Brauerei habe über mehrere Jahren hinweg rund vier Millionen Euro gebracht - das reiche, um 96,7 Quadratkilometer Wald unter Schutz zu stellen. Für den Verbraucher seien solche Rechnungen allerdings meist wenig nachvollziehbar, kritisiert unter anderen die Umweltorganisation Greenpeace.
Wolfgang Lohbeck von Greenpeace rät Verbrauchern, genau hinzuschauen: «Es ist nicht verboten, Gutes zu tun, doch der Werbevorteil, den das Unternehmen daraus zieht, muss im angemessenen Verhältnis zum versprochenen Nutzen für die Umwelt stehen.» Eher glaubwürdig seien zudem meist Projekte, die im eigenen Einflussbereich der Unternehmen lägen - wie etwa die Anschaffung umweltfreundlicher Kühlschränke bei einem Getränkehersteller.
Das Umweltbundesamt hat einen Kriterienkatalog entwickelt, damit Verbraucher zumindest Angebote zur freiwilligen Kompensation von Treibhausgasemissionen einordnen können, wie sie unter anderem für Flugreisen angeboten werden. Dem im Internet unter dehst.de unter «Publikationen» zu findenden Leitfaden zufolge sollte die Vermeidung von Treibhausgasen grundsätzlich Vorrang vor deren Kompensation haben. Ein glaubwürdiger Anbieter mache dies deutlich und informiere über Möglichkeiten zur Emissionsreduktion, gibt etwa Tipps zur Vermeidung von Flugreisen, erklärt das UBA.
Berechnung nur nach international anerkannten Standards
Zudem solle der Anbieter nicht nur von Durchschnittswerten ausgehen und somit eine realitätsnahe und nachvollziehbare Emissionsberechnung erstellen. Auch bei sogenannten klimaneutralen Produkten müsse die Berechnung nach international anerkannten Standards erfolgen. Die Kompensation solle nachvollziehbar, transparent und nachhaltig sein, fordert das Umweltbundesamt. (ap)