Was ist diese Stadt: Volltreffer für Familien? Oder Spielverderber? Ein zukunftsschweres Thema, das man wissenschaftlich untersuchen lassen kann - wie es Mülheim jüngst mit seinem ersten Familienbericht getan hat. Das man vor allem aber mit den Leuten, die hier leben, besprechen muss.

Mülheim möchte als familienfreundliche Stadt wahrgenommen werden. Diese Absicht ist vielfach erklärt, und man spürt auch erste Erfolge. Um ein positives Beispiel zu nennen: das inzwischen sogar preisgekrönte Projekt „FamilienStart”, getragen vom 2004 gegründeten „Mülheimer Bündnis für Familie” (aus Politik, Kirchen, Wirtschaft, Wohlfahrtsverbänden, etc.): Junge Eltern bzw. Mütter werden von Ehrenamtlichen in ihrem anstrengenden Alltag mit Baby unterstützt. Auch bereits eine wichtige Maßnahme: die „Lebenslage und Zufriedenheit” von Eltern und ihren minderjährigen Kindern im Stadtgebiet überhaupt zu erkunden. Mülheim hat dies auf eigene Kosten mit Unterstützung des Zefir-Institutes der Ruhr-Universität Bochum unternommen. Der im Frühjahr veröffentlichte „Familienbericht Mülheim an der Ruhr 2007” (komplett dokumentiert unter www.muelheim-ruhr.de) ergab vor allem, „wie extrem unterschiedlich die Situation in den Stadtteilen ist”, sagt auch Sozialdezernent Ulrich Ernst. In allen Stadtteilen gab es inzwischen Vor-Ort-Gespräche zum Familienbericht. Ziel sei es nun, „Netzwerke zu bilden”, erklärt Ernst: „Mit allen Beteiligten, auch den Eltern, Ehrenamtlichen aus den Gemeinden, Verbänden, Wohnungsbaugesellschaften, und dann zu sehen, was man in jedem Stadtteil konkret verbessern kann.” Familienfreundliche Lebensbedingungen seien eine „Koproduktion. Die kann die Kommune gar nicht ohne Partner erreichen.” An einigen Schwachpunkten wird bereits gearbeitet, Beispiel: Kinderbetreuung für unter Dreijährige. Während die Altersgruppe drei bis sechs Jahre – zumindest statistisch – voll versorgt ist, gab es zum Zeitpunkt des Familienberichts nur für 4,6 Prozent der Kleineren einen Platz. Doch zwei Drittel der Eltern äußerten Betreuungsbedarf. „Wir werden die Kitas massiv ausbauen”, erklärt Jugenddezernent Peter Vermeulen. 249 Plätze schafft die Stadt durch Umwandlungen oder bauliche Erweiterungen. Für 87 fehlende Plätze wurden gerade Investitionszuschüsse beim Land beantragt. Schon weiter ist Mülheim, was die Offene Ganztagsgrundschule (OGS) angeht. Mit Beginn des neuen Schuljahres habe man diese „flächendeckend realisiert”, sagt Vermeulen. Er verweist ferner auf ein Qualitätskonzept für OGS, das soeben vom Jugendhilfeausschuss beschlossen wurde: „Mülheim hat damit die besten Standards für OGS landesweit.” Außerhalb von Kitas oder Schulen sind Spielplätze ein viel genutzter Bewegungsraum – aber nicht immer sauber und sicher. Hier setzt das Projekt „Spielplatzpaten” an, das schon seit 1988 läuft, aber immer besser angenommen wird: „Inzwischen haben wir für 50 der rund 100 städtischen Spielplätze Paten”, sagt Elfriede Majer vom Jugendamt. „Sie rufen uns an, wenn irgendwo ein Nagel heraussteht oder ein Brett kaputt ist. Wir melden dies dem Grünflächenamt, dann wird es zeitnah behoben. Das funktioniert.” Allein im vergangenen Jahr kamen acht Spielplätze neu unter Kontrolle. Ihr Pflegezustand hängt oft mit einem anderen Problem eng zusammen: Wie viele meinen - und auch der Familienbericht widerspiegelt – fehlen Angebote für Jugendliche, besonders in Speldorf und Saarn. Oder: Sie sind vorhanden, werden aber kaum genutzt. Eine „Evaluierung in der Jugendhilfe” kündigt Vermeulen daher an: „Wofür wird Geld ausgebeben? Wie werden Einrichtungen überhaupt angenommen?” Ein externes Institut habe bereits angeboten, dies für Mülheim zu prüfen. Damit die begrenzten Mittel sinnvoll ausgegeben werden. „Es gibt eine Menge von Freizeitangeboten, die Jugendliche nichts oder wenig kosten”, meint auch Sozialdezernent Ulrich Ernst. „Die Passgenauigkeit ist viel eher das Problem.” Seine Lösung wird eine Menge Leute wohl noch lange beschäftigen.