Mülheim. Dürfen Friseure Jugendlichen unter 16 Jahren die Haare färben? Eine Eu-Richtlinie sorgt für Verwirrung. Denn Haarfärbemittel können Allergien auslösen, Warnhinweise müssen auf den Produkten stehen. Ob sich die Anwendung bei jungen Kunden damit verbietet, ist jedoch vielen Friseuren nicht ganz klar.

In den Friseursalons herrscht Verwirrung. Schuld ist eine Richtlinie der EU, die seit dem 1. November 2011 gilt. Seitdem soll auf Haarfärbemitteln ein Warnhinweis stehen. Unter anderem: „Dieses Produkt ist nicht für Personen unter 16 Jahren bestimmt.“ Der Grund: Haarfarben können Allergien auslösen. Fast jeder zweite Jugendliche in Deutschland sei allergiegefährdet, heißt es in einer Pressemitteilung der Techniker Krankenkasse, in der sie die neue Regelung begrüßt. In verschiedenen Berichten liest man, Auslöser für die EU-Richtlinie (2009/134/EG) sei der Fall einer Jugendlichen aus Großbritannien, die nach dem Haarefärben einen schweren allergischen Schock erlitt.

Doch für die Friseursalons ist die Sache damit noch längst nicht geklärt. Schon vor Veröffentlichung der Richtlinie habe es Gerüchte darüber gegeben, dass derjenige sogar mit Geldstrafen zu rechnen habe, wer Jugendlichen unter 16 Jahren die Haare färbe, erzählt der Obermeister der Friseurinnung in Mülheim, Ralf Wüstefeld. „Da wurde viel Wind drum gemacht.“ Doch inzwischen ist für ihn die Sache klar: Auch den jüngeren Kunden dürften weiterhin die Haare gefärbt werden. Die Richtlinie betreffe viel mehr die produzierende Industrie: „Die müssen einen Warnhinweis abdrucken, wie bei Zigaretten.“ Wichtig findet er es, alle Neukunden auf das Allergierisiko aufmerksam zu machen und auch einen „Allergie-Check-Up“ durchzuführen, also die Farbe erst an einer kleinen Stelle aufzutragen und zu gucken, ob es zu einer allergischen Reaktion kommt.

Keine Klarheit

Unsicher war er jedoch zunächst auch und habe unter 16-Jährigen nicht mehr die Haare gefärbt, bis am 15. Januar ein Artikel im Friseur-Fachmagazin „TOP HAIR Business“ erschien, der Aufklärung gebracht habe. Doch ein genauerer Blick in den Artikel zeigt, dass alles andere als Klarheit herrscht. Dort heißt es: „Dürfen Friseure unter 16-Jährigen die Haare färben? Ja. Der ZV (Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks) empfiehlt jedoch zur Vermeidung eines eventuell möglich Haftungsrisikos, Jugendlichen unter 16 Jahren die Haare nicht zu färben.“ Soll heißen: Verboten ist es nicht. Wirklich gut aber auch nicht.

Kein Wunder also, dass die Friseure in Mülheim sehr unterschiedlich mit ihren unter 16-jährigen Kunden umgehen. Die Chefin des Friseursalons „Cosmo“ im Forum beispielsweise, weist auf eine nötige Einverständniserklärung der Eltern hin. „Die Eltern haften für ihre Kinder“, sagt sie. Jedoch, so stand es zumindest im Fachartikel, befreit auch die Einverständniserklärung den Friseur nicht vom Haftungsrisiko.

Anders wiederum erläutert eine Angestellte des Salons „Ryf“, ebenfalls im Forum, dass dort generell weder Färbungen noch Tönungen an Jugendlichen unter 16 angewendet werden, auch dann nicht, wenn eine Einverständniserklärung der Eltern vorliegt. Selbst wenn die Eltern des betroffenen Kunden bei der gewollten Färbung oder Tönung dabei sind „raten wir von der Behandlung ab und verweisen auf Strähnchen oder Extensions, die nicht direkt die Kopfhaut betreffen.“ Auf allen neuen Produkten sei inzwischen der Warnhinweis auf mögliche Allergien abgedruckt. Jedoch könne es sein, dass sich unter den verwendeten Produkten noch alte befänden, auf welchen der Hinweis fehle.

Retro-Style

Am Montag, den 28.11.2011 führen die Oberstufenschüler des Käthe-Kollwitz-Berufskollegs eine Modenschau vor. Die Auszubildenden im dritten Lehrjahr (Friseure) stellten Frisuren und Kosmetik im Wandel der Zeit vor. Foto: Tom Thöne / WAZ FotoPool
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Keine allergischen Reaktionen seit 1973

Auch für Monika Klösters hatte die Brüsseler Verordnung verbindlichen Charakter. „Wir haben uns daran gehalten“, sagt die Inhaberin des großen Salons „Schönheitsfarm“ am Dickswall. Dabei komme es häufig vor, dass Jugendliche nach einem anderen farblichen Outfit fragen. Erst seit die Friseurinnung den oben genannten Artikel verbreitet hat, greifen Klösters und ihre Kolleginnen wieder zu den Färbemitteln. „Das ist für uns eine sichere Grundlage“. Oft sind auch die Mütter dabei, das Einverständnis ist dann kein Problem.

„Den Friseuren bleibt es freigestellt, wie sie damit umgehen“, so Ralf Wüstefeld. Er macht jetzt weiter so wie früher und beruhigt: „Wir machen das hier seit 1973 und hatten keinen solchen Fall.“ Den Fall einer allergischen Reaktion.

Jugendleistungsschau der Friseure

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