Mülheim. .
Ein Bild kann man sich von ihm momentan nur auf Fotos machen: 1964 schuf Heinrich Siepmann (1904-2002) aus tausenden Einzelteilen ein Mosaik, das als Kunst am Bau den damaligen Neubau das Rathauses zierte. Der ist inzwischen abgerissen, das Kunstwerk des Mülheimer Konstruktivisten jedoch wurde vorher abgenommen.
Seit 2009 lagert es in rund 500 Bruchstücken bei dem Düsseldorfer Unternehmen „Wilhelm Derix Werkstätten für Glasmalerei und Mosaik“. Dass man in dem zweigeschossigen Flachdachbau richtig ist, sieht man gleich: Bunte Glasbilder hängen da und dort, durchscheinend transparent, die Wintersonne lässt die Farben leuchten. Daneben finden sich Mosaike; mal sind es abstrakte Farbmuster, mal Gesichter, Stein für Stein zusammengesetzt.
Unansehnliche Betonbrocken
Das eigentlich 23 m² große Siepmann-Mosaik kommt da eher unspektakulär daher – als unansehnliche Betonbrocken. Die farbige Front ist jeweils mit schützenden Papier beklebt. Ordentlich beschriftet und nummeriert stehen die Stücke in der Mosaikwerkstatt und im angrenzenden Lager. Wie viele es sind, kann Geschäftsführerin Elisabeth Derix nicht genau sagen – durchnummeriert ist aber auf jeden Fall bis 491.
Mülheimer Rathaus zieht um
Anders, als in Einzelteilen, war das Mosaik im Frühjahr 2009 nicht von der Wand zu bekommen. Gründe dafür gab es zwei: Zum einen, sagt Elisabeth Derix, war es „mit dahinter liegenden, tragenden Elementen verankert“. Hätte man es komplett gelöst, wäre alles (verfrüht) zusammengebrochen. Zum anderen wurde Kunst am Bau in den 1960er Jahren scheinbar für die Ewigkeit gemacht: Die Steine, die eigentlich farbiges Glas sind, wurden statt in Kalkmörtelunterputz in Beton gesetzt. „Das war die Nachkriegszeit“, sucht Elisabeth Derix nach Gründen. „Damals hat man nicht gedacht, dass das jemals wieder abgemacht werden sollte.“
Sie muss es wissen, hat das Familienunternehmen doch 1964 den Siepmann-Entwurf an die Wand gebracht. Der Mülheimer Künstler stand in eben dieser Werkstatt in Kaiserswerth, zwischen unzähligen Pappschachteln, gefüllt mit Glas in dezentesten Farbabstufungen und wählte aus. „Blau war seine Lieblingsfarbe, gepaart mit Gelb“, sagt Elisabeth Derix. Das Rathausmosaik ist dann auch ein dichtes Gewebe mit diesen Farben, große Farbflächen und kleine Steine setzen sich zu einem bewegten Gesamtbild zusammen.
Kein offizieller Auftrag
Blaue Flächenmosaike, wie die größeren Glasstücke heißen, liegen zuhauf in den Regalen, einige sind noch aus den 1960ern und original so, wie sie von Siepmann verwendet wurden. „Flächenmosaike waren damals nicht so teuer, deshalb wurden große Stückzahlen bestellt.“ Dennoch riet Elisabeth Derix bei ersten Gesprächen 2008 davon ab, das Mosaik neu zu setzen und bevorzugte die Restaurierung. Denn es sei nur ein Teil der Steine noch vorrätig: „Wenn man neu einkauft, glaube ich nicht, dass man das nochmals so zusammenbekommt.“
Für diese Arbeiten ist alles vorbereitet. Neben Referenzfotografien pausten zwei Mitarbeiter vor der Abnahme zwei Wochen lang jedes einzelne Mosaikteil ab. 18 Blätter füllt die Dokumentation des 6,3 Meter hohen und 3,6 Meter breiten Kunstwerkes nun. Alle Bruchstücke müssen jedoch noch vom Beton befreit und auf eine einheitliche Dicke von etwa zwei Zentimetern gebracht werden, bevor die Bruchstellen auf Stoß verklebt werden können.
Ein Jahr, schätzt Elisabeth Derix, werden diese Arbeiten wohl dauern. Die Wand dafür ist im frisch sanierten Rathaus bereits auserwählt. „Ins Foyer am ehemaligen Platz der deutschen Einheit“, sagt Stadtsprecher Volker Wiebels auf Anfrage dieser Zeitung, soll es angebracht werden. Einen offiziellen Auftrag hat Elisabeth Derix jedoch noch nicht. Sie überlegt gerade vielmehr, die dreijährige Lagerung in Rechnung zu stellen.