Mülheim. .
„Die Halle brummt!“ Wenn Inge Kammerichs, Chefin der Mülheimer Stadtmarketing- und Tourismus-Gesellschaft diesen Satz sagt, leuchten ihre Augen. Die runderneuerte Stadthalle hat sich als Veranstaltungsort auch fernab der Kultur einen Namen gemacht. Das muss sie auch in Zeiten leerer Kassen, schließlich ist die Zahl an Kulturveranstaltungen kleiner geworden. 2012 will die MST die Halle noch mehr als Kongresszentrum in Position bringen.
Bestimmungszweck, Kulturstätte zu sein
„Seit 2008 gibt es Anfragen, landesweit“, attestiert Kammerichs der Stadthalle, bei vielen Veranstaltungsagenturen gar Begeisterung auszulösen. „Eine Halle wie diese, mit dem Ensemble von Schloß Broich, gibt es kein zweites Mal“, ist sie überzeugt. Es ist das Kombi-Produkt buchbar: Tagen in der Halle, Dinieren im Rittersaal des Schlosses.
Zuvorderst ist und bleibt die Stadthalle ihrem einstigen Bestimmungszweck gewidmet, Kulturstätte zu sein. Hier ist die Reihe „Kultur.Gut“ des Ringlokschuppens fest beheimatet, das Theaterfestival „Stücke“, das Klavierfestival Ruhr richtete hier im vergangenen Jahr acht Konzerte aus. Es gibt laut Kammerichs deutschlandweit nur fünf Stadthallen mit Vollbühne, mit fest installierter Technik für große Aufführungen – eine davon ist die in Mülheim.
Kulturhauptstadtjahr war eine Ausnahmeerscheinung
Seit 2007/08 platziert die MST die Stadthalle verstärkt am freien Markt. Mit Erfolg. Die Zahl der Raumbelegungen steigt: von 550 Belegungen im Jahr 2009 über 798 im Jahr 2010 auf 801 (2011).
Dabei war das Jahr 2010, das Kulturhauptstadtjahr, mit vielen kulturellen Terminen, etwa dem Theater der Welt, eine Ausnahmeerscheinung. Tendenziell verliere man in Zeiten leerer Kassen Kulturveranstaltungen, so Kammerichs. Froh ist die MST daher, dies durch einen Zuwachs im anderweitigen Vermietungsgeschäft zu kompensieren. An einem Jahresumsatz von unverändert rund 1 Mio Euro hatte die Kultur im Jahr 2009 noch einen Anteil von 62,5 %, 2011 waren es nur mehr 53 %.
Vermietung an Externe ist die Zukunft
Die Vermietung der Halle an externe Veranstalter „muss die Zukunft sein“, sagt Kammerichs. Einst war die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie die erste große nationale Kongress-Veranstaltung. „Mittlerweile haben wir eine lange Referenzliste.“ Allein im abgelaufenen Jahr habe die MST rund 200 private und geschäftliche Anmietungen verbucht.
Siemens hielt noch im Dezember für 1600 Beschäftigte seine Betriebsversammlung in der Halle ab, ebenso die Easy Software AG. Aber auch in der Region tätige Unternehmen wie Hochtief, Verbände wie der Landessportbund oder Veranstaltungen wie zum 100. Internationalen Frauentag fanden sich in der Stadthalle ein.
Ballettmärchen in der Stadthalle
Stadthalle weiter etablieren
Mitunter stößt die Hallenvermietung mittlerweile an ihrer Kapazitätsgrenze. Um 5 Uhr morgens räumt da die Ü30-Party das Feld, am nächsten Morgen um 11 Uhr wird schon der Stücke-Preis verliehen. „Wir machen alles“, sagt Kammerichs, betonend, dass die Halle von ihrer architektonischen Vielfalt lebe. Der Name Stadthalle wirke auf Veranstalter zunächst einmal „altbacken“. Es stecke aber doch eine ganze Menge mehr dahinter, als manch einer denke.
In diesem Jahr will die MST die Stadthalle weiter als Veranstaltungsort für Kongresse und Messen etablieren; im Umkreis von 70 Kilometern gebe es ja reichlich überregional wirkende Firmen, Verbände und Vereine, die als Mieter in Frage kommen. Zudem will die MST ihr Angebot als Veranstaltungsagentur ausbauen.
„Alles aus einer Hand bieten“
Es gehe darum, Mietern selbst ein umfangreiches Leistungspaket zu schnüren, ihnen sagen zu können: „Das buchen wir von A bis Z für Sie.“ Zusatzleistungen sollen mehr Umsatz bringen, etwa das Angebot von Rahmenprogramm oder das Erstellen von Raumkonzepten. Mit einer Software ist es etwa möglich, die Bestuhlung zu simulieren. „Ein Kunde kann sich so ein komplettes Bild seiner Veranstaltung machen“, sagt die MST-Chefin. „Wir punkten damit, dass wir alles aus einer Hand bieten.“
Die Halle sei in einem guten Zustand. Sie bleibe aber doch Zuschussbetrieb, rund 1,5 Mio Euro müssen im Jahr zugeschossen werden. Letzte Investitionen haben aber etwa dafür gesorgt, dass im Jahr 2010 nur mehr 13,1 % der Einnahmen für Energiekosten draufgingen, zwei Jahre zuvor war es noch jeder vierte Euro vom Umsatz. Erstmals ist es im Jahr 2010 gelungen, mit dem Umsatz Personal- und Energiekosten, laut Kammerichs „die einzigen beeinflussbaren Größen“, zu decken.