Mülheim. . Die Arbeitsgruppe “Mehr Geschäftsführer“ soll Ämter zusammenlegen und Wasserköpfe im Rathaus einsparen, der Kämmerer mietet Räume im Casino an und steigt ins Wettgeschäft ein. Eine (nicht ganz ernst gemeinte) futuristische Inszenierung an stadtbekannten Mülheimer Orten.
Im Spielcasino
Von den Wetten mit der West LB hat die Stadt die Nase gestrichen voll. Millionen sind in den Sand gesetzt, jetzt macht die Kämmerei die Wetterei zur eigenen Geschäftsidee. Die Stadt mietet im Forum ein Spielcasino an. Bürger können fortan gegen ihre Stadt wetten. Der erste Wettpartner taucht schnell auf: Er wettet gegen die Stadt, dass die Bäume im Raffelbergpark im Sommer mehr Laub tragen als im Winter. Für jedes Blatt Differenz wird ein Euro fällig. Die Stadt willigt ein. Später fliegt ihr Versuch des Wettbetrugs auf: Mitarbeiter des Grünflächenamtes werden auf frischer Tat erwischt, wie sie mit Sekundenkleber Blattattrappen an kahlen Bäumen anbringen.
An geheimem Ort
Im Rathaus sollen weitere Ämter zusammengelegt werden, um die Wasserköpfe einzusparen. Darauf einigen sich SPD und CDU in einem Geheimpapier. Die Arbeitsgruppe „Mehr Geschäftsführer“ wird mit der Aufgabe betraut. Derweil stocken die Verhandlungen zwischen Mülheimer Genossen und Christdemokraten um eine Fusion ihrer Ratsfraktionen nach dem Vorbild von CDU und CSU im Bund. Die Fraktionsspitzen konnten sich nicht darauf verständigen, wer von beiden das zukünftig freigezogene VHS-Gebäude als Geschäftsstelle nutzen soll.
Im Ratssaal
Die Piraten entern den neuen Ratssaal. Die aufstrebende Partei mag nicht mehr bis zur nächsten Wahl warten und setzt tonnenweise Schwarzpulver ein, um sofort das Kommando zu übernehmen. Erste Amtshandlung: die Stärkung des ÖPNV. Autos werden aus der Stadt verbannt. Überall auf den Straßen werden Schienen verlegt. Auf ihnen verkehren fortan kleine, mit Rädern ausgestattete und mit Ökostrom betriebene Galeeren. Weil das Hafenbecken an der Ruhr als Betriebshof der neuen MVG zu klein ist, muss Kondor Wessels seinen benachbarten Neubau wieder abreißen, um Platz zu machen für eine Hafenerweiterung.
Im Kaufhof
Eine Lösung gibt es für Landwirt Einhart Im Brahm. Stößt er in Menden mit seinem Plan, seine Schweinemast auf 2000 Tiere zu erweitern, auf Ablehnung und heißt Menden im Volksmund nun schon Klein-Wackersdorf, so ist er in der Innenstadt höchst willkommen. Der Kaufhof bietet Platz für die große Sauerei. Der Einzelhandelsverband ist voll des Lobes, als Einhart Im Brahm seine Schweine zum Zeichen des Aufbruchs über die Schloßstraße in den Kaufhof treibt: Mit ihrer Zulassung habe die Stadt den Trend zur Handelsansiedlung auf der grünen Wiese endlich gestoppt. Fortan gibt es im Hausladen am Kaufhof, der nun „Schweine-City“ heißt, Schweinehälften zu kaufen. Das neue Geschäft mit der Nahversorgung brummt.
In der Arbeitsagentur
Die Agentur für Arbeit meldet von einem auf den anderen Monat für Mülheim Vollbeschäftigung. Zwar haben 20 % weder einen festen Job noch ein Auskommen ohne staatliche Unterstützung, doch was wäre das für eine Bundesregierung, würde sie vor der nächsten Wahl nicht in die Trickkiste greifen: Fortan werden aus der Arbeitslosenstatistik nicht mehr nur Ein-Euro-Jobber oder Maßnahmenteilnehmer herausbugsiert. Zusätzlich greift die Regel: Wer zwei Nasenlöcher hat, gilt nicht länger als arbeitslos. Mit zwei Nasenlöchern, so die Auffassung der Bundesregierung, hat ein Bürger schließlich alle Hände, pardon: alle Finger voll zu tun.
Im Ruhrstadion
Zum ersten Europapokal-Auftritt des VfB Speldorf wird ein ausverkauftes Ruhrstadion gemeldet. Der NRW-Ligist kann sein Glück gar nicht fassen. Die glücklichen Umstände verdankt der Fußballverein der Uefa. Sie hat mit ihrem „Financial Fairplay“ ernst gemacht und lässt nur mehr Vereine für die internationalen Wettbewerbe zu, deren Ausgaben durch eigene Einnahmen gedeckt sind. Der VfB profitiert davon, dass er kurzerhand den lukrativen Betrieb des benachbarten Naturbades übernommen hat. Privatier Günther Skupch hat dort die Reinigung übernommen und in den Griff bekommen. Seither vermeldet das Bad Monat für Monat Besucherrekorde.
Am Tatort Mülheim
Der neue „Tatort“ spielt in Mülheim. Für viele ist das d i e Überraschung gewesen. Die Polizei jubelt, weil nun das alte Polizeipräsidium, das im Zuge der Fusion mit Essen zur Inspektion 4 degradiert wurde, wieder groß rauskommt. Das Kommissar-Team kommt jedoch nicht aus den Reihen der Behörde. Das von der ARD ausgewählte Duo bilden: die MST-Chefin Inge Kammerichs als Kommissarin, die mit Charme die Täter zur Strecke bringt, und ihr Partner Lothar Reinhard, der die Fälle durch intensive Recherche und mit guten Drähten zu seinen Freunden beim Verwaltungsgericht vorantreibt.
Im geteilten Styrum
Weil kein Geld für den Neubau da ist, wird die Thyssen-Brücke in Styrum zwar wegen mangelhafter Standfestigkeit abgerissen, aber nicht mehr ersetzt. Die Oberhausener Straße ist fortan durchtrennt. In Bürgerwerkstätten grübeln Experten über Lösungen, finden aber keine, die zu finanzieren wären. So rollt der komplette Verkehr nun über Moritz-, Hauskamp- und Steinkampstraße. Es dauert nur 30 Minuten, da ist das Chaos perfekt. Ein Lkw hängt in der Unterführung Steinkampstraße fest. 3 Meter 80 Durchfahrtshöhe reichen denn doch nicht für jeden. Die Strecke wird wieder dicht gemacht. Styrum wird auch politisch neu eingeteilt: in West-Styrum und Ost-Styrum. Immerhin: Der Euro bleibt auf beiden Seiten der Bahnstrecke offizielles Zahlungsmittel.
Auf dem Kirchenhügel
Und auch damit hatte keiner gerechnet: Der Papst reagiert auf den Bittbrief des Betreibers vom Restaurant Mediterran, der so gerne ein Haus auf dem Kirchenhügel kaufen wollte. Doch die Kirche als Eigentümerin verweigerte ihm kurz vor Vertragsunterzeichnung den Segen. Der Papst schickt seinen Nuntius vor Ort, der sieht die Kirchen oben auf dem Hügel, findet aber durch die Einbahnstraßen nicht den Weg und bekommt auch noch ein Mülheimer Knöllchen: nicht angeschnallt! Wie der Papst.
Über der Ruhr
Designer Hermann Rokitta ist am Ziel seiner Träume: Zwar ist es kein ICE geworden, der nun auf der stillgelegten Bahntrasse über der Ruhr thront, doch auch die ausrangierten Flugzeuge vom stillgelegten Flughafen geben eine beeindruckende Kulisse für Rokittas „Geile Meile“ ab. Mit den Fliegern schlägt Rokitta zwei Fliegen mit einer Klappe. Mal dienen deren Tragflächen einer Gastronomie als luftige Mini-Terrasse, mal als Sprungbrett zum Bad in der Ruhr. Mülheim wird in der Folge zum Touristenmagneten im Revier. Alle fliegen auf Rokittas „Geile Meile“ ab.
Im Schloß Broich
Den größten Ärger gibt es am Schloß Broich. Weil das Geld fehlte und kein Fördertopf noch etwas hergab, hat die SMW-Projektentwicklungsgesellschaft die Sanierung finanziert. Eigentümerin bleibt die Stadt, zahlt Miete. Keine sechs Wochen später hebt ein Vertreter der MBI in der Ratssitzung eine Anzeige hoch: „Werden auch Sie Schlossherr und kassieren über eine Anleihe von Schloß Broich eine Rendite von sechs Prozent“. Die SMW hat mal wieder das richtige Näschen gehabt und das Schloss mit Gewinn weiterverkauft an die Akropolis-Holding, die sich weltweit auf historische Bauten spezialisiert hat. Griechen? Das Geld für Broich hatten sie aus dem Rettungsfonds. Da versteht der Mölmsche keinen Spaß mehr.
Im Internet
Um dennoch einen versöhnlichen Jahresabschluss mit ihren Bürgern zu feiern, initiiert die Stadt zu Silvester ein großes Gemeinschaftsprojekt. Sie ruft alle Mülheimer auf, Tonbandaufnahmen einzuschicken, auf denen diese die gängigen Knaller imitieren. Die Bürger meinen: eine Kracher-Idee. „Krawumm“, brüllt Stefan aus Styrum ins Mikro. Sieglinde aus Speldorf hat eine lange Zündschnur: „Zschschsch-Puff“. Meinhard aus Mintard mag’s klassisch: „Peng!“ Eine Vorschau auf das Projekt ist übrigens schon jetzt ins Internet eingestellt, einfach mal aufrufen und ausprobieren: http://knallerseite.de . . .