Mülheim. . Unter dem noch nicht abgerissenen Zubringer zur Konrad-Adenauer-Brücke haben Menschen seit einiger Zeit ihre Nachtlager aufgeschlagen. Welche Strukturen sie zusammengeführt haben, darüber gibt es derzeit kaum Erkenntnisse. Nach Einschätzung des Ordnungsamtes könnte hier jedoch kriminelles Potenzial schlummern.

Bis zu den Hauptverkehrsadern Aktien- und Friedrich-Ebertstraße sind es rund 20 Meter: Im Schatten des Overflys, unter dem noch nicht abgerissenen Zubringer zur Konrad-Adenauer-Brücke haben Menschen seit einiger Zeit ihre Nachtlager aufgeschlagen. Alte schmutzige Matratzen, klamme Decken liegen auf blanken Steinen und Müll. Wie viele es sind, ist unbekannt, doch hier scheinen die Ärmsten der Armen zu schlafen.

Es ist jedoch ein Fall von besonderer Brisanz: Denn wovon sie leben – es soll sich überwiegend um Menschen aus osteuropäischen Ländern, meist Slowaken handeln –, welche Strukturen sie zusammengeführt haben, darüber gibt es in der Stadt derzeit kaum Erkenntnisse. Nach Einschätzung des Ordnungsamtes könnte hier jedoch kriminelles Potenzial schlummern.

Zwei Mülheimer Notunterkünfte

Einige der Slowaken seien vor der Armut geflohen. Manche betteln, weiß das Ordnungsamt, ob dies bandenartig organisiert ist, und ob auch Diebstahl zu ihren „Einkünften“ zählt, „darüber gibt es derzeit nur Spekulationen, keine handfesten Beweise“, sagt der stellvertretende Ordnungsamtsleiter Bernd Otto. „Man muss aber die richtigen Fragen stellen: Wie kamen sie hierher und wovon leben sie?“ Die Lenkungsgruppe Innenstadt – bestehend aus Ordnungsamt, Polizei und sozialen Trägern – ist daher alarmiert. Man hat diese Gruppe im Blick. Versuche, mit den Menschen in Kontakt zu kommen, liefen bislang ins Leere. Der Kreis schotte sich ab, heißt es, wechsle häufig seine Mitglieder und sei deshalb nicht systematisch erfasst.

Für die Ruhrstadt ist die Lage am Overfly ein ungewohntes Bild, denn Obdachlose gibt es in Mülheim nicht. Oder zumindest nicht offiziell. Über Weihnachten waren es nach Angaben der Stadt gerade einmal 14 Männer und eine Frau, die in den zwei Mülheimer Notunterkünften an der Kanalstraße in Broich und an der Augustastraße in Styrum übernachteten. „Und das war schon eine hohe Zahl“, sagt Stadtsprecher Volker Wiebels.

Sisyphos-Arbeit

Diese Nicht-Sesshaften gehörten aber zu einer ganz anderen Gruppe als jene am Overfly, betont er. Von einer „temporären Stätte“ und wechselnden Personen, die unter der Brücke nächtigen, spricht die Stadt. Die Übergangsstätte hält sich aber hartnäckig. Die Stadt wird der Lage nicht Herr: Immer wieder ließ sie die Lager räumen, nur um Tage später erneut eine ähnliche Situation vorzufinden.

„Es ist eine Sisyphos-Arbeit“, so Stadtsprecher Wiebels. Eine geeignete Lösung ist bisher nicht in Sicht: Man habe den Betroffenen einmal eine städtische Unterkunft an der Eltener Straße angeboten, die mit einer Küche ausgestattet war. Tage später habe man diese verwüstet wiedergefunden, manches sei geklaut worden, von den Verursachern fand man keine Spur mehr.

Noch keine große Gefahr

„Auch wenn von diesen Obdachlosen nach unserer Einschätzung noch keine große Gefahr ausgeht, ist die Situation extrem unbefriedigend“, stellt der stellvertretende Ordnungsamtsleiter fest. Er rechnet damit, dass diese bis 2013 ein Thema wird, das man interkommunal diskutieren werde. Denn es betreffe auch andere Ruhrgebietsstädte.

Otto bemängelt dabei vor allem die rechtlichen Mittel: „Wir können etwa keine langfristigen Verbote aussprechen, nur Platzverweise.“ Und selbst wenn man die einen vertrieben hätte, kämen wieder andere, die dort übernachteten. Dies ist für Otto ein weiteres Indiz dafür, dass die Gruppe gelenkt werde.