Mülheim. .

Auch die längsten Beziehungen können an Finanzfragen scheitern. Zwischen Doncester und Herten herrscht aktuell Funkstille, und Bishop’s Stortfort hat mit Friedberg ganz Schluss gemacht. Einige englische Städte nehmen die Eurokrise zum Anlass, Partnerschaften mit deutschen Orten zu beenden. Auch Mülheim hat eine Partnerstadt im Königreich, doch die Beziehung zu Darlington ist ungetrübt, betont Hans-Dieter Flohr: „Wir lassen uns doch vom Euro nicht beirren!“

Erst vergangene Woche war eine Delegation aus Darlington zu Besuch und verkaufte auf dem Adventsmarkt – wie könnte es auch anders sein – Tee. Für den stellvertretenden Vorsitzenden des Fördervereins Mülheimer Städtepartnerschaften ist der Kontakt zu internationalen Partnern auch nichts, das man einfach aufgibt. Im Gegenteil: In Mülheim bestehen Kontakte bereits jahrzehntelang.

Partnerschaft ist kein Tourismus

„Wir leben Europa“, sagt Hans-Dieter Flohr. Eine Partnerschaft sei eben kein Tourismus, keine bloße Städtereise, sondern ein Besuch bei Freunden. „Wir wollen Bürger zusammenbringen. Eine Partnerschaft mit Leben zu füllen, ist etwas anderes, als sich nur in ein Flugzeug zu setzen.“ Denn oft wohnen Besucher in Gastfamilien, bekommen so einen persönlichen und authentischen Einblick in den Alltag, in die andere Kultur.

Dieses Erlebnis will der Verein laut Flohr „in die kommenden Generationen tragen“. Seit Jahren setzt man deshalb auf Schüleraustausch. Jährlich fördert der Verein diese Begegnungen mit 20.000 €, hat in den 16 Jahren seines Bestehens rund 240.000 € dafür aufgewendet. Jedes Jahr profitieren davon rund 600 Mülheimer Jugendliche.

In diesem Jahr neu hinzugekommen ist der Praktikantenaustausch, der die berufliche Bildung fördern soll. „Wir haben 30 Jugendliche in Partnerstädte geschickt, die dort in die Betriebe gingen“, erläutert Hans-Dieter Flohr. Vor allem das Berufskolleg Lehnerstraße engagiere sich in diesem Bereich. Ziele waren Darlington, Kouvola und Oppeln. Bisher kamen jedoch nur zehn Jugendliche, vornehmlich aus Oppeln, zum Gegenbesuch. „Leider“, so der stellvertretende Vereinsvorsitzende, „stellt uns die Suche nach geeigneten Praktikumsplätzen vor große Probleme.“ Dennoch will man diese Arbeit im kommenden Jahr verstärken.

Gerade jetzt Partnerschaft intensivieren

Das Jahr 2012 wird ein arbeitsreiches für die Mitglieder des Fördervereins, denn es stehen zwei große Jahrestage an. Die Partnerschaft mit Tours besteht dann 50 Jahre. Bereits Ende Januar fährt eine Mülheimer Gruppe nach Frankreich. Der Gegenbesuch folg im September, wenn 30 Tourainer an die Ruhr kommen. Sie werden auf 40 Finnen treffen. Denn auch die Partnerschaft mit Kouvola jährt sich: Vor 40 Jahren begann der Austausch mit der Stadt Kuusankoski, die inzwischen zur Region Kouvola gehört. Ein großes Fest in der Stadthalle ist schon organisiert.

Dadurch haben die Vereinsmitglieder Zeit, das Jahr 2013 vorzubereiten, in dem ebenfalls Großes ansteht: Das 20-jährige Bestehen der Partnerschaft zum israelischen Kfar Saba und vor allem der 60 Jahre währende Kontakt zu Darlington werden gefeiert. Letzteres ist Mülheims älteste Städtepartnerschaft. Der Besuch auf der und der Gegenbesuch von der Insel sind schon eingeplant. Also, sagt Hans-Dieter Flohr, müsse man sich keine Sorgen, über mögliche Zerwürfnisse machen. Der Kontakt sei eng und bestens: „Wir meinen, dass wir gerade bei der aktuellen Entwicklung in der EU unsere Partnerschaft mit Darlington intensivieren sollten.“