46 Jugendliche aus neun Nationen sind derzeit in Mülheim zu Gast, um über politisches Engagement und europäisches Bewusstsein zu diskutieren und am Ende eine gemeinsame Resolution zu entwickeln. „JSR meets friends“ heißt das Projekt, das ambitioniert ist, bei den Jugendlichen aber offensichtlich auch Ambitionen weckt.
Anstrengende Tage haben die Jugendlichen Freitagnachmittag bereits hinter sich. Offizielle Termine mit Reden standen seit ihrer Anreise am Mittwoch an und intensive Gruppenarbeit über Themen wie Umwelt, Bildung oder Integration – auf Englisch. Dennoch ist die Stimmung bestens; enthusiastisch könnte man sie gar nennen, beseelt von der gemeinsamen internationalen Erfahrung. „Ich habe das Gefühl, dass wir schon etwas erreicht haben“, sagt dann auch die Finnin Lita-Mari Ruponen. Alwin Snel aus dem niederländischen Delft verweist auf die Resolution, die man erarbeitet und die ein Ergebnis markiere und mehr: „Wir machen einen Neuanfang.“
Doch wichtiger als die gemeinsame Arbeit scheint die gemeinsame Zeit. „Eine fantastische Erfahrung“, nennt es Yael Golan aus Kfar Sabar. Mit so vielen Jugendlichen aus so vielen Ländern zu diskutieren stärke das Selbstbewusstsein. Unterschiede und Gemeinsamkeiten, die man erfahren habe, erwähnen die Jugendlichen oft – beides empfinden sie als Gewinn. Wie Israeli Yuval Segal, der vor dem ersten Treffen „nicht wusste, was ich von den Türken erwarten sollte“. Nach zwei Tagen weiß er es: „Das sind tolle Jungs. Wir sind alle nur Jugendliche.“
Frederik Heitmüller geht (vielleicht typisch deutsch) pragmatischer an die Sache: Der Vorsitzende des Mülheimer Jugendstadtrats fand es interessant, wie die Jugendparlamente der Partner- und Projektpartnerstädte organisiert sind: „Sie sind stärker ans Schulsystem angebunden.“ Darüber, findet er, könne man auch in Mülheim nachdenken: „Vielleicht könne man so mehr Schüler integrieren.“
Integration war auch beim Gespräch mit deutschen EU-Politikern im Aquatorium der RWW ein wichtiges Thema: Jens Geier (Mitglied des Europaparlaments), Dr. Renate Sommer (Mitglied des EU-Parlaments), Werner Jostmeier (MdL), Marc Jan Eumann (Staatssekretär im Ministerium für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien) und Walter Leitermann (Leiter des Europabüros des deutschen Städtetages in Brüssel) standen den Jungen und Mädchen Rede und Antwort. Aktuelle Themen wie die Finanzkrise und die Energiewende bewegten auch die Jugendlichen, besonders trieb sie aber Bildung um. „Warum“, möchte ein Mädchen aus Darlington wissen, „kostet in England der Schulbesuch horrende Summen und in anderen Ländern gar nichts? Ist Bildung in Europa unterschiedlich viel wert?“ Nein, sie wird nur unterschiedlich finanziert, sagt Walter Leitermann. Aber die Britin hat einen wichtigen Punkt angesprochen. Gleich ist man beim Vertrag von Lissabon, der alles einfacher machen sollte und am Ende alles komplizierter werden ließ. Das Gemeinsame trotz aller Individualität einzelner Länder beschwören alle auf dem Podium. Die Politiker nehmen die Jugendlichen ernst, dennoch steht das Werben für den europäischen Gedanken im Mittelpunkt. Eigentlich ist das aber nicht nötig: Die Jugendlichen sind schon überzeugt.