Mülheim.
Mülheims Linke ist weit davon entfernt, den politischen Auftrag von mehr als 3000 Wählern (bei der Kommunalwahl 2009) zu erfüllen. Bei der Jahreshauptversammlung am Freitag präsentierte sich der Kreisverband zerstritten, gelähmt. Zwei Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber.
Nahezu fünf Stunden verstrichen im Bürgergarten, bis es zur Wahl des neuen Kreisvorstandes kam. Fünf Stunden waren da vergangen, ohne dass versammelte 31 von 96 Mitgliedern nur ansatzweise über Inhalte kommunaler Politik debattiert hätten. Das Zusammentreffen der jungen Partei war überstrahlt von Grabenkämpfen zwischen Kreisvorstand und widerspenstiger Gruppierung um Ratsfrau Gabriele Rosinski.
Wie berichtet, hatte der Kreisvorstand ohne Rücksprache mit Rosinski Ende Oktober deren alsbaldiges Ausscheiden aus dem Rat verkündet. Der Parteivorstand hatte aus einem internen Brief Rosinskis zitiert, in der sie den Verzicht auf ihr Mandat angekündigt hatte, „aus gesundheitlichen Gründen“.
Ungeheuerlich findet Rosinski die Veröffentlichung. Sie will ihr Mandat erst niederlegen, wenn sie finanziell nicht mehr in der Pflicht für ihr Büro an der Kämpchenstraße steht. Wann dies sein wird, blieb unklar. Klar ist: Legt Rosinski ihr Mandat nieder, rückt per Liste Erik Müller in den Rat nach, der längst im Streit von den Linken geschieden ist und sich dem Fraktionsbündnis Wir-Linke angeschlossen hat. Dann stünde die Linke inmitten der Wahlperiode ohne einen Ratsvertreter da. Gestartet war man 2009 noch mit drei Ratsmitgliedern.
Zerwürfnisse in der Partei
Vordergründiger Streitpunkt: die Anmietung eines Parteibüros. Der Kreisvorstand hat sich, nachdem Rosinski ihn im Juli im Streit vor die Tür ihrer Büroräume gesetzt hatte, per Mitgliederentscheid absegnen lassen, eigene Räume anzumieten. Seit November hat er nun ein Parteibüro am Dickswall 40-42 angemietet und sich damit selbst über Bedenken des Landesvorstandes hinweggesetzt, dies könne den Kreisverband finanziell überlasten.
Das erneute Zerwürfnis bei den Linken, die im Zwist mit den abtrünnigen Ratsmitgliedern Achim Fänger und Carmen Matuszewski (nun Wir-Linke) schon ihren Fraktionsstatus im Rat eingebüßt haben, sitzt aber tiefer. Gabriele Rosinski wie auch Bezirksvertreter Andreas Marquardt werfen dem Kreisvorstand vor, die Mandatsträger nicht zu unterstützen. Ein Vorwurf, den Vorstandssprecher Gernot Schaper am Freitag nicht überzeugend zu entkräften vermochte. Er warf den Mandatsträgern indes vor, die Sitzungen des Kreisvorstandes allzu oft zu schwänzen. Die Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber.
Kein Mediator zur Streitschlichtung
Nahezu jedem Antrag der Rosinski-Fraktion stand am Freitag ein Antrag der Gegenseite gegenüber, sich mit dem Anliegen erst gar nicht zu befassen. Das gipfelte etwa in der Absurdität, dass Rosinki gefordert hatte, die Kandidaten für den neuen Vorstand sollten ihre Beweggründe und Qualifikationen für eine Kandidatur darlegen, die Gegenseite dies aber per „Nichtbefassungsantrag“ – letztlich erfolglos – versuchte zu torpedieren. Der alte Beschluss, einen Mediator zur Streitschlichtung zu engagieren, ist nicht umgesetzt.
Gernot Schaper rief die Genossen auf, im solidarischen Miteinander zur Einheit zu reifen. „Angesichts der Krise sind wir draußen mehr denn je gefragt“, sagte er. Die Genossen ließen den Appell unbeeindruckt verstreichen.
Denkbar knapp mit 16 zu 11 Stimmen bei vier Enthaltungen entlasteten sie den Vorstand. All der Zwist, befand ein Mitglied der Linken, sei „parteischädigend in höchstem Maße“. Dies blieb unwidersprochen.