Mülheim. .
Seit Wochen tobt ein Machtkampf bei den Linken in Mülheim. Nachdem sich die Fraktion bereits gespalten hatte, verließen jetzt auch die Ratsmitglieder Carmen Matuszewski und Achim Fänger die Partei Die Linke. Sie sind nicht die Einzigen, die gingen, die sich gemobbt, ja bedroht fühlen.
Die Verletzungen sitzen tief, die Empörung ist gewaltig: „Wir werden zukünftig jede vermeidbare Begegnung mit dem Hass-Kollektiv verhindern“, sagt Fänger und meint den verbliebenen Kreis um Ratsfrau Gabriele Rosinski. Es geht um Personen, um Macht, um Posten, um Einfluss, um die Art der Zusammenarbeit.
Zwei Lager stehen sich heute fast feindlich gegenüber: Hier die einzig noch verbliebene Ratsvertreterin, die noch zur Partei Die Linke gehört, Gabriele Rosinski, und die drei Bezirksvertreter mit mehreren Unterstützern – das Kollektiv, wie es sich nennt. Auf der anderen Seite die inzwischen ausgetretenen Parteimitglieder Fänger und Matuszewski, die ihr Ratsmandat behalten und mit dem Vertreter von WIR eine neue Fraktion gründeten, sowie mehrere Parteimitglieder der Linken, die sich als „demokratisch, sozialistisch“ bezeichnen.
Die jüngste Mitgliederversammlung im „Schilderhaus“, am Abend vor dem Feiertag, verläuft zu Beginn ruhig. Etwa 20 Mitglieder der Linken sind erschienen, man blickt zurück auf den Wahlkampf, zeigt sich zufrieden, der neue Landtagsabgeordnete Michael Aggelidis stellt schon mal Bedingungen für eine Koalition mit der SPD, nennt als Beispiel die Verstaatlichung der Hochspannungsnetze. Danach geht es um Personalien, die Presse ist nicht mehr erwünscht, die Mitgliederversammlung wird zur nicht öffentlichen erklärt.
„Tiefe Gräben“ in der Partei
Jetzt ließ Kreissprecherin Nina Eumann, die sich um Ausgleich bemüht, auf Anfrage der WAZ verlauten: Kreissprecher Patrick Schlos wurde abgewählt. Eine Mediation, an der alle Linke künftig teilnehmen sollen, soll helfen, „tiefe Gräben aufzuarbeiten“. Schlos galt für einige als junger Hoffnungsträger.
Einer, der jetzt auspackt, ist Horst Ostrowski, Noch-Linker, sachkundiger Bürger im Seniorenbeirat. Wer sich nicht zum Rosinski-Clan bekenne, die für die kommunistische Plattform eintrete, werde abgestraft. Bei der letzten Mitgliederversammlung vor der Landtagswahl soll der Streit um Personen eskaliert, es soll zu Handgreiflichkeiten gekommen sein. In einem Schreiben an die WAZ ist von Tumulten die Rede.
Kurz vor einer Schlägerei soll es gestanden haben. Einer berichtet, dass sich Mitglieder gegenseitig die Getränke ins Gesicht gießen wollten. „Da haben Leute aus Angst den Saal verlassen.“ Der angereiste NRW-Spitzenkandidat Wolfgang Zimmermann, so schildert Ostrowski, habe dringend angeraten, die strittigen Personalentscheidungen vor der Wahl von der Tagesordnung zu nehmen, um kein schlechtes Bild nach außen abzugeben. So wurde dann auch verfahren.
„Dass der Streit eskaliert ist, liegt auf der persönlichen Ebene und auf beiden Seiten“, sagt Nina Eumann. Manche seien mit einem vorgefertigten Meinungsbild in die Diskussion gegangen. Das konnte nicht gut gehen. Gabi Rosinski war für die WAZ nicht erreichbar.
Für Achim Fänger und Carmen Matuszewski ging es längst nicht nur um Meinungsverschiedenheiten. Es nahm alles seinen Anfang, als Frau Rosinski nach der Kommunalwahl nicht zur Fraktionsvorsitzenden gewählt wurde. Schriftlich teilt Fänger mit, dass sie sich seitdem immer stärker gemobbt fühlten, und nicht nur sie. „Selbst der Arbeitsbereich bei Uwe Klabuhn (ehemals Kreissprecher der Linken, Anm. d. Red.) und der Familienbereich bei mir wurden dabei nicht verschont.“ Das Vorgehen erinnere zunehmend „an die Nazi-Angriffe auf Frau Eumann, die im letzten Jahr bei den heute vergleichbar agierenden Personen noch auf hellste Empörung stießen“.
Fänger und Matuszewski wollen Ratsarbeit mit linken Inhalten machen. Das Kommunalwahlprogramm stamme weitgehend aus seiner Feder, betont Fänger. Gabriele Rosinski indes hat nach einem Mitgliederbeschluss des Kreisverbandes allein das Recht, Die Linke im Rat zu vertreten. Ihre Schwerpunkte: Soziales, Bildung – und Kultur.