Mülheim.

Im Dämmerlicht setzt sich der gelbe Wagen in Bewegung. Es ist 7.20 Uhr an der Haltestelle Oberdümpten und in der Straßenbahnlinie 102 finden die meisten Fahrgäste – es sind um diese Zeit hauptsächlich Schüler – noch einen Sitzplatz. Wenige Minuten später sieht die Welt schon ganz anders aus. Mittlerweile ist die Bahn an der Haltestelle Buchenberg angekommen. Beim Einsteigen herrscht ein einziges Gedränge – drei Jungen mit schweren Schultaschen kämpfen sich in den Wagen.

Der Fahrer ruft durchs Mikro: „Ein bisschen enger zusammenrücken, dann passen auch alle rein.“ Geht das überhaupt noch enger? Und viel wichtiger: Ist das hier eigentlich immer so voll? Ein Mädchen und einer der Jungen mit dem schweren Rucksack antworten im Akkord: „Ja, das ist hier immer so voll!“ Am Hauptbahnhof steigen die meisten Fahrgäste aus – einigen ist die Erleichterung anzumerken. Eine Frau ruft: „Das war ein Erlebnis.“

Volle Busse und Bahnen sind Alltag

Überfüllte Busse und Bahnen – Alltag für viele Schüler und andere Leute, die morgens oder am frühen Nachmittag mit dem öffentlichen Nahverkehr unterwegs sind. Die Realschule Mellinghofer Straße liegt unmittelbar an der Straßenbahnlinie. „Die 102 ist immer wieder ein Thema. Oft fallen Linien aus und Schüler kommen zu spät. Oft ist die Bahn überfüllt“, sagt Rektorin Judith Koch und ruft einen Schüler dazu.

Der Zehntklässler berichtet: „Teilweise ist es extrem eng in der Bahn.“ Das Gymnasium und die Realschule Broich liegen ebenfalls direkt an einer Haltestelle der Straßenbahn. Wolfgang Dahmen, Schulleiter der Realschule: „Mit der 102 haben wir weniger ein Problem, da die meisten Schüler aus der näheren Umgebung kommen. Doch wenn die Schüler nachmittags mit dem Bus nach Hause fahren müssen, kann es schon mal richtig eng werden.“

„Das Problem wurde erkannt und wir werden etwas ändern“

In dem Typ Straßenbahn mit sechs Achsen, den die Mülheimer Verkehrsgesellschaft bei der 102 hauptsächlich einsetzt, gibt es 54 Sitz- und 171 Stehplätze. Offensichtlich nicht genug zur Hauptverkehrszeit am Morgen. „Das Problem wurde erkannt und wir werden etwas ändern“, sagt MVG-Sprecher Olaf Frei. Heißt: Ab heute will die Verkehrsgesellschaft auf der Strecke um diese Zeit verstärkt Bahnen mit acht Achsen einsetzen.

Dafür müssen diese von der Linie 112 abgezogen werden. „Wir können nur eine Umstellung in unserem Bestand vornehmen und werden in den nächsten Wochen prüfen, wie sich die Umstellung auf den Verkehr auswirkt“, erklärt Frei. Eine Acht-Achser-Bahn verfügt über ein Drittel mehr Plätze als ein Sechs-Achser. Ob eine Straßenbahn oder ein Bus zu voll ist, darüber entscheidet vor Ort immer der Fahrer.

„Wenn die Grenzen überschritten werden, dürfen keine Fahrgäste hinzukommen. Das passiert in Mülheim allerdings so gut wie nie“, sagt Frei. Die genannten Personenzahlen beziehen sich auf Erwachsene. Also: Bei mehr Kindern an Bord erhöht sich die zulässige Personenzahl.