Mülheim. . Premiere in NRW: Mit einer Leistungszulage möchten die städtischen Mülheimer Seniorenheime ihre Beschäftigten motivieren. Miese Bezahlung, schlechte Arbeitszeiten – gegen dieses Image des Berufs wollen die Einrichtungen angehen.

Premiere in NRW: Mit einer Leistungszulage möchten die städtischen Mülheimer Senioreneinrichtungen ihre Beschäftigten weiter motivieren. Und nicht zuletzt den Beruf wieder attraktiver für den potenziellen Nachwuchs machen. Der Fachkräftemangel in der Pflege lässt grüßen.

Die Mülheimer Gesellschaft ist das derzeit einzige tarifgebundene Pflege-Unternehmen in NRW, das so eine Dienstvereinbarung umgesetzt hat. Die Möglichkeit dazu bietet der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes. Er räumt Betrieben der Pflegebranche die Möglichkeit ein, 18% dessen, was an Monatsgehältern gezahlt wird, zusätzlich als Leistungsbonus an die Beschäftigten auszuschütten. In Mülheim macht das bei 300 Mitarbeitern insgesamt 290 000 Euro aus. Im Einzelfall können da leicht einige Hundert Euro bei rumkommen.

Mitarbeiter sollen Vorschläge machen

„Gute Arbeit muss sich auszahlen“, sagt Heinz Rinas, Chef der Mülheimer Senioreneinrichtungen GmbH, der eine Art Kreislauf im Blick hat: Zufriedene Mitarbeiter heben die Gesamtqualität eines Hauses, das schließlich attraktiver auf Kunden wirkt, lautet sein Credo. Dabei müsse kein Mitarbeiter die Sorge haben, dass seine individuellen Arbeitsweise, zum Beispiel im Umgang mit Patienten, kritisch begutachtet werde.

Die Mitarbeiter sind aufgefordert, Vorschläge zu machen, wie man die Arbeit verbessern kann. Ein Punktesystem regelt die Verteilung. Punkte gibt es, wenn bestimmte Ziele erreicht, zum Beispiel die Arbeitsabläufe effektiver koordiniert sind. Damit nutze man „nach rund 30 Jahren“ zum ersten Mal den Sachverstand langjähriger Mitarbeiter, sagt Rinas, der mit der Klimaverbesserung auch die Nachwuchskräfte erreichen möchte. Die sind rar in den drei städtischen Seniorenheimen. Acht Auszubildende hat Rinas in diesem Jahr eingestellt, „geplant waren bis zu 20“.

Miese Bezahlung, schlechte Arbeitszeiten - diese Gerüchte halten sich hartnäckig in den Köpfen der Jugend. Dabei, weiß der Geschäftsführer der Awo Seniorendienste Niederrhein, Thomas Kaczmarek, sei die Bezahlung gar nicht so schlecht. Mit Grundgehalt, Schichtzuschlägen und Weihnachtsgeld könne man gut leben. Solange man bei der Awo arbeite, die mit Verdi einen gesonderten Tarifvertrag ausgehandelt habe.

Kritische Töne von der Gewerkschaft

Awo-Personalchef Klaus Podubrin wird deutlicher. „Laut Tarifvertrag schwankt das Grundgehalt zwischen 2200 und 2800 Euro.“ Eine ausgebildete Pflegekraft, die seit sieben Jahren tätig sei, käme demnach auf „genau 2554,27 Euro“. Die ganzen Zuschläge wie Nacht- und Sonntagszuschläge seien in dem Gehalt noch nicht enthalten, sagt Podubrin. Einen Leistungsbonus habe man momentan zwar noch nicht, für die Zukunft sei es aber zumindest denkbar.

Bei der Gewerkschaft Verdi kennt man Boni bis dato aus der Krankenpflege und da vor allem aus Spezialbereichen wie der Intensivpflege. Mit beispielsweise 1000 Euro werde neues Personal gelockt, und wenn die Probezeit vorüber ist, gibt es nochmal 1000 Euro. „Auf der Suche nach Fachkräften mit solchen Anreizen durchzuwurschteln “, sagt Verdi-Sekretär Bernd Tenbensel. Das Problem an sich werde so nicht gelöst, „das geht nur, wenn Betriebe genug Nachwuchs ausbilden“. Verdi, so Tenbensel, sei kein Freund von Prämienzahlungen. Wichtiger sei es, den Pflegeberuf durch verbesserte Tarifbedingungen so attraktiv zu machen, dass er für den Nachwuchs interessant sei.