Duisburg/Oberhausen/Bochum. In NRW fehlen Beratungseinrichtungen für pflegende Angehörige. In Duisburg, Oberhausen und Bochum fehlen die gesetzlich vorgeschriebenen Stützpunkte sogar ganz. Geld vom Bund steht bereit, wird von Sozialkassen und Ländern aber nur zum Teil genutzt.

Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt rapide. Aber der Staat kommt beim Ausbau der nötigen Einrichtungen nicht mit. Statt der bundesweit angekündigten 1200 Pflegestützpunkte sind in Städten und Gemeinden seit 2008 nur knapp 300 gestartet. In NRW sind von 159 geplanten Stellen erst 57 eingerichtet worden.

Dabei läuft die Anschubfinanzierung des Bundes für die Beratungs- und Koordinierungseinrichtungen am 1. Juli aus. Nach Angaben des Sozialverbandes „Generationen Netzwerk für Deutschland“ (GND) haben Sozialkassen und Länder nur 15,5 Millionen Euro von den 60 Millionen abgerufen, die der Bund seit 2008 zur Verfügung stellt.

„Jeder Pflegebedürftige hat einen gesetzlichen Anspruch auf unabhängige Beratung. Die Einführung der Pflegestützpunkte sollte dies gewährleisten. Die Initiative der Regierung ist gescheitert“, glaubt GND-Vorstand Claudia Rutt. Überdies seien schon bestehende Stützpunkte zu wenig bekannt.

Im Sozialgesetzbuch ist die Beratungspflicht seit 2008 vorgeschrieben. Sie soll in den Stützpunkten „umfassend und unabhängig“ erfolgen. In NRW sind davon etwa 250 000 Pflegebedürftige betroffen, die zu Hause meist von Angehörigen versorgt werden. Von einzelnen Beratungsmöglichkeiten bei Stadtverwaltungen abgesehen sind noch mehrere Großstädte ohne die gesetzlich vorgeschriebene Einrichtung. Während Dortmund und Essen je vier Anlaufstellen haben, der Kreis Unna drei und Gelsenkirchen, Herne und Mülheim zwei, fehlen sie in Duisburg, Oberhausen und Bochum ganz. Ursprünglich waren nach Angaben der Bundesregierung für jede Kommune in NRW drei Beratungsstellen angedacht. Andere Länder sind weiter: In Rheinland-Pfalz steht mit 135 Stützpunkten einer für je 30 000 Einwohner zur Verfügung.

Das NRW-Gesundheitsministeriums sagte der WAZ, das Land warte die Ergebnisse ab, die sich aus der Erprobungsphase der Pflegestützpunkte bis Jahresende ergäben. „Das Ergebnis wird entscheidend sein für die Frage, ob und wie es mit Pflegestützpunkten in NRW weitergeht.“ Es kritisierte die Bundesregierung: „Es passt ins Bild, dass sie ausgerechnet im Jahr der Pflege die Anschubfinanzierung enden lassen will.“

Kommentar: Verdrängte Pflege-Debatte - von Dietmar Seher