Mülheim. . Ein Foto mit einem Kaninchen in einer Käfigbatterie: Zahlreiche Tierschutzaktivisten sind in der Mülheimer Innenstadt präsent. Den Grünen sind sie ein Dorn im Auge - sie sehen die Werber als “Drückerkolonnen“.
Gewinn mit dem schlechten Gewissen wollen Organisationen regelmäßig in der Innenstadt machen. Sie werben mit ihrer Arbeit für den Tier- oder Naturschutz und um Unterstützung, die oftmals in einer kostspieligen Mitgliedschaft endet. Diese „Drückerkolonnen“ macht die Grünen-Fraktion zum Thema im nächsten Hauptausschuss.
"Aktion Tier" ist nur ein Beispiel
„Das wollen Sie doch nicht, dass Kaninchen so leben müssen?!“ Ramona Kortman zeigt auf ein Foto in einer Broschüre. Kaninchen sind darauf zu sehen, die in Käfigbatterien hocken, einige so gemästet, dass sie den engen Raum komplett ausfüllen. Die Frage der Mitarbeiterin der „Aktion Tier“ kann also nur rhetorisch sein. Wer will schon dastehen wie ein Mensch ohne Mitleid oder – noch schlimmer! – ohne Mitleid für Tiere?
Ramona Kortman hat sich an diesem Dienstag mit zwei Kollegen auf dem Kurt-Schumacher-Platz positioniert. Heute ist ihr Stand der einzige, sonst stehen vor dem Forum auch mal mehrere. Verschiedene Vereine stellen sich dort immer wieder, teils massiv, Passanten in den Weg. „Aktion Tier“ ist nur ein Beispiel.
Wer Name angibt, muss auch Kontonummer nennen
Routiniert legt Ramona Kortman am Stand Infomaterial mit süßen Katzenkindern und traurig guckenden Hundewelpen vor, verweist auf die Infotafel samt Foto von Peter Maffay als prominentem Unterstützer, denn der „hat viel Geld, aber nur eine Stimme“. Und Ramona Kortman möchte für ihre Sache nur „die Stimmen der Menschen“, nicht ihr Geld.
Wer seine Stimme in Form seines Namens und seiner Adresse gibt, muss aber gleich seine Kontonummer nennen und angeben, wie viel er in welcher Regelmäßigkeit spendet.
"Jede Spende soll von Herzen kommen"
Kritische Nachfragen dazu nimmt Ramona Kortmann locker. Sie betont, dass sie keine Mitglieder wirbt, sondern „Interessenten“, erklärt aber nicht, was der Unterschied ist. Sie sagt wohlklingende Sätze wie: „Jede Spende soll von Herzen kommen und keine Belastung sein.“ Und überhaupt: „Nach 14 Tagen schreiben wir jeden an und dann kann er noch zurücktreten.“
Diesen Hinweis kennt Jürgen Pastowski. Der Fraktionsgeschäftsführer der Grünen kennt Geschädigte ähnlicher Straßenaktionen. Ein Anruf wurde da versprochen – doch der kam nie. „Besonders junge Leute werden angesprochen“, sagt Pastowski, der betont, dass es natürlich solide Vereinigungen gebe. Was mit dem Vorstoß der Grünen auf kommunaler Ebene erreicht werden kann, werde sich zeigen.
Verbraucherzentrale Mülheim warnt
Auch Karin Bordin von der Verbraucherzentrale Mülheim warnt davor, „auf der Straße Verträge zu unterschreiben“. Oft würde nicht erwähnt, dass die Spende nicht einmalig, sondern mit einer Mitgliedschaft verbunden sei – meist über zwei Jahre. Karin Bordin: „Da wieder rauszukommen, ist oft schwierig.“
Auch Ramona Kortman sagt nichts Genaues zur Mitgliedschaft. Sie verschweigt auch, dass „Aktion Tier“ aus dem Deutschen Tierhilfswerk hervorgegangen ist, dem die Gemeinnützigkeit aberkannt und dessen Gründer 2003 wegen Veruntreuung von 50 Mio Euro Spendengeldern zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. Auf Nachfrage distanziert sie sich von dieser Vergangenheit; das sei heute nicht mehr möglich, weil der Verein von unabhängigen Wirtschaftsprüfern kontrolliert werde.
Zudem setze sie niemanden unter Druck zu unterschreiben, so eine Organisation sei „Aktion Tier“ nicht. Zugleich verteidigt sie aber die Mitglieder-, Pardon, Interessentenwerbung: „Wir müssen auf der Straße stehen. Nur so können wir eine Handlung auslösen. Keiner kommt von allein, um Tieren helfen.“