Mülheim.
Kommt das Sozialticket für Mülheim oder nicht? Nachdem das Land nun auch allen Kommunen im Nothaushalt offiziell gestattet hat, sich an dem Pilotprojekt zu beteiligen, könnte sich die Ruhrstadt dafür entscheiden.
Grüne und SPD feiern es bereits. Doch Zweifel sind angebracht: Denn die möglichen Kosten von 300.000 € muss im Zweifelsfall weiterhin die Kommune tragen.
Das Land hat sich mit seinem „Okay“ für klamme Städte lediglich aus der Schusslinie gebracht. Mehr Zuschüsse gibt es nicht: Weiterhin stellt NRW den Kommunen 30 Mio € für die Pilotphase von November 2011 bis Ende 2012 zur Verfügung in der Hoffnung, dass es schon nicht so teuer werde. Mehrkosten seien nicht zu erwarten, zusätzliche Ausgaben für Personal und Organisation dürfe es nicht geben, heißt es lapidar aus dem NRW-Innenministerium.
Beteiligung von Nothaushaltskommunen untersagt
Doch genau darüber waren sich Verkehrsbetriebe und Kommunen uneins. 300.000 € Einbußen etwa bei den Einzeltickets rechnete die MVG vor sowie einen Mehraufwand bei der Organisation. Noch vor knapp einem Monat zogen die Verkehrsbetriebe bei den Verhandlungen im VRR VRR die Notbremse. Sie hatten Zweifel daran, ob der Landeszuschuss von 30 Mio ausreichen werde.
„Nicht die Städte“, sagten hingegen die Kommunen, denn Kostenneutralität war bei der seit Jahren andauernden Diskussion um das Sozialticket vorgeschrieben. So hatten Land und ÖPNV in der Schlichtung eine Hintertür eingebaut: Kommunen im Nothaushalt könnten aussteigen, wenn sie die Kosten nicht tragen wollen. Eine Hintertür, die den klammen Städte den schwarzen Peter zuschob. Später untersagte die Kommunalaufsicht gar die Beteiligung von Nothaushaltskommunen.
„Die Mülheimer Debatte fußt auf Kaffeesatzleserei“
Nun gibt das Land grünes Licht, und die Lokalpolitik springt auf, spielt mögliche Kosten herunter: „Die Mülheimer Debatte fußt auf Kaffeesatzleserei“, meint Axel Hercher von den Grünen zur Rechnung des Stadtkämmerers Uwe Bonan – auch er rechnet mit den von der MVG erwarteten 300.000 € Verlust.
Die Grünen wollen das Sozialticket auf Probe, Hercher räumt jedoch ein: Beide Seiten stocherten im Nebel, der Sprung ins kalte Wasser sei daher erforderlich, „wir brauchen endlich Daten“. Ähnlich befürwortet es der SPD-Unterbezirksvorsitzende Lothar Fink: „In Dortmund wurde das Sozialticket dreimal so viel verkauft wie das zum Normalpreis. Es kann also sogar zu Mehreinnahmen führen.“
Die Stadt bleibt hingegen vorsichtig. „Wir begrüßen das grüne Licht vom Land für das Sozialticket, aber wir müssen das noch einmal rechnen“, so Stadtsprecher Volker Wiebels. Eingeführt werde es nur, wenn es wirklich kostenneutral für die Stadt sei, und wenn der Rat es im Oktober beschließt.