Mülheim. . Suche französische Riviera, biete Ruhrpott - so könnte der Eintrag von Familie Rasche auf der Wohnungstauschbörse homelink.de lauten. Doch wie gelingt es der Mülheimer Familie Touristen aus den schönsten Ferienregionen ins Ruhrgebiet zu locken?
Was kann man nicht alles tauschen. Bücher, Filme und nicht zu vergessen: die guten alten Panini-Bildchen. Mit solchen Kleinigkeiten gibt sich Familie Rasche nicht zufrieden. Die vier Mülheimer, Birgit und Wilhelm Rasche sowie ihre Kinder Till (21) und Inken (15), tauschen ihr ganzes Haus – und zwar mit Menschen aus aller Welt.
Möglich machen dies Wohnungstauschbörsen wie homelink.de. Wer in den Ferien keine Lust aufs Hotel oder die Ferienwohnung hat, kann hier für einen Jahresbeitrag von 140 Euro sein Haus anbieten. Mit ein bisschen Glück meldet sich jemand, der einem sein Heim für die Urlaubszeit überlässt und seine Ferien gleichzeitig in den vier Wänden des Tauschpartners verbringt.
Ruhrgebiet hat einen schlechten Ruf
2004 tauschte Familie Rasche zum ersten Mal, es ging nach Den Haag in den Niederlanden, für drei Wochen. „Wir hatten ein nettes Haus an einer Gracht“, schwärmt Wilhelm Rasche. Die Mülheimer waren überzeugt, in den nächsten Jahren ging es quer durch Europa: nach Belgien, Irland, Spanien, Island, Schottland und Frankreich.
Einziges Problem: Wie kriegt man jemanden, der beispielsweise an der französischen Riviera lebt, dazu, seinen Urlaub im Ruhrgebiet zu verbringen? „Es klappt“, sagt Birgit Rasche, 18 Tausch-Urlaube geben ihr Recht. Die Nähe zu Köln sei ein Pluspunkt, denn „den Kölner Dom kennt jeder“. Und dann kommt es natürlich darauf an, seine Heimat im Internet als tolle Ferienregion anzupreisen. „Das ist ihr Hobby“, sagt Wilhelm Rasche schmunzelnd und meint damit seine Frau.
Mit Ausflugstipps wie dem Oberhausener Centro, der Essener Villa Hügel oder dem Bottroper Movie Park lockt die Spanisch- und Französischlehrerin Feriengästen in den Pott. Ganz leicht sei das nicht, das Ruhrgebiet hätte vor allem in Deutschland, aber auch im Ausland einen eher schlechten Ruf. „Wir haben in der Schule gelernt, hier ist alles grau, das stimmt aber gar nicht“, hätten die Feriengäste aus dem belgischen Brügge nach ihrem Urlaub an der Ruhr gesagt. Die Mülheimer fühlen sich deshalb auch ein bisschen als Botschafter ihrer Region.
Spülmaschine, Waschmaschine, Fernseher und Internet
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Familie Rasche ist vom Wohnungstausch im Urlaub begeistert. „Das kostet viel weniger, so oft könnten wir sonst nicht wegfahren“, sagt Birgit Rasche, schließlich fallen keine Kosten für die Ferienwohnung oder das Hotelzimmer an. Außerdem würde man das Urlaubsland und die Einheimischen besser kennenlernen, da man nicht in den Touristenhochburgen, sondern in den normalen Wohnvierteln lebt. „Wir wollten immer, dass unsere Kinder das Leben im Land mitkriegen“, sagt die 51-Jährige.
Die Tauschhäuser seien schöner eingerichtet als eine Ferienwohnung und man habe alles, was man braucht: Spülmaschine, Waschmaschine, Fernseher und Internet. Außerdem würde man seine eigene Heimat auch besser kennenlernen. Die Ruhrgebiets-Urlauber würden oft Sachen unternehmen, „die wir selbst noch nie gemacht haben.“ Manchmal entstehen sogar Freundschaften. „Die Spanier waren bei unserem 50. Geburtstag hier“, erzählt Wilhelm Rasche.
Dennoch, viele hätten vermutlich ein Problem damit, wildfremde Menschen in ihr Haus zu lassen, die in ihrem Bett schlafen, sich abends auf der Couch räkeln, einen Wein aus den Gläsern von Oma Helga trinken, während sie in dem Kitschroman, den die beste Freundin zu Weihnachten geschenkt hat, schmökern.
Bei Birgit Rasche hatte die Bereitschaft, das in Kauf zu nehmen, einen ganz praktischen Grund: Als die Familie 2002 im Dänemark-Urlaub war, damals noch in einem Ferienhaus, hatten sie in ihrem Mülheimer Haus einen Wasserschaden, den niemand bemerkte. Das kann ihnen jetzt nicht mehr passieren. Außerdem sind die Urlaubsgäste ein guter Schutz vor Einbrechern. Und um ein Ferienquartier für seine Haustiere muss man sich auch nicht mehr kümmern: Katzen, Hamster, Meerschweinchen, Schildkröten und Fische haben die vier Mülheimer schon in ihren Ferienquartieren versorgt.
In diesem Sommer geht’s nach Den Helder
Angst davor, dass sie die Tauschpartner beklauen, hat Birgit Rasche nicht. Und die Erfahrung gibt ihr recht. Eine englische Familie schickte der Mülheimerin nach einem Tausch ein Päckchen, in dem ein Löffel lag. In einem beiliegenden Brief entschuldigten sich die Engländer, dass der Löffel versehentlich in ihrem Gepäck gelandet sei.
Auch in diesen Sommerferien wird getauscht: Das Lehrerehepaar fährt mit Tochter Inken ins niederländische Den Helder. Sohn Till ist nicht dabei, der studiert zurzeit in den USA – ein gutes Ziel fürs nächste Jahr.