Mülheim. .

Wer sich mit dem Auto verirren will, kommt nach Mülheim. Auf Baustellen folgen Einbahnstraßen. Umleitungen führen gerne mal ins Nichts. So die Vorurteile. Doch Rettung ist in Sicht! Von allen schlechten Vorzeichen, die diese Stadt verkehrstechnisch bieten soll, hat sich Jörn Köhler nicht abschrecken lassen. Vor drei Jahren trat er scheinbar wagemutig die Ausbildung zur Fachkraft für Straßen- und Verkehrstechnik bei der Verwaltung der Stadt an.

Seitdem setzt sich der ­26-Jährige mit den Straßen Mülheims auseinander. Plant Umleitungen, führt Verkehrszählungen an Knotenpunkten durch. Ob er wusste, was er sich da angetan hat? „Ehrlich gesagt kannte ich Mülheim vorher nicht und musste erst mal auf der Landkarte nachschauen“, antwortet Köhler.

Ausbildung mit Seltenheitswert

Er kommt aus Braunschweig und hat nach dem Realschulabschluss eine Tischlerlehre gemacht. Aufgrund eines Arbeitsunfalls musste er sich neu orientieren. „Ich hab das Ausbildungsprogramm der Arbeitsagentur durchgewälzt. Am Ende fand ich diese Ausbildung am spannendsten, weil sie so vielseitig wirkte“, erklärt der Neu-Mülheimer seine Wahl. Dass es ihn ausgerechnet an die Ruhr verschlagen hat, liegt an der Seltenheit des Ausbildungsgangs.

Zur Berufsschule musste Köhler bis nach Köln fahren. Dort glänzte er mit Spitzennoten. Die Stadt ist einer der wenigen Arbeitgeber, die diesen Ausbildungsgang überhaupt anbietet. „Bis jetzt wurde die Stelle als Fachkraft von einem Technischen Zeichner besetzt. So ist es auch in anderen Kommunen“, erklärt der Abteilungsleiter für Verkehr, Roland Jansen. Für die Zeichner seien oft jahrelange Einarbeitungen nötig gewesen.

Stadt mit 1000 Einbahnstraßen

Die Stadt wusste Köhlers Arbeit zu schätzen und hat ihm einen unbefristeten Arbeitsvertrag angeboten. Den hat der 26-Jährige angenommen. Neben dem Beruf absolviert er bald eine vierjährige Weiterbildung zum Tiefbau-Techniker an der Abendschule. Jörn Köhler sei kein gewöhnlicher Auszubildender gewesen, meint sein Chef Roland Jansen. „Er war von Beginn an in die Abläufe integriert. Seine Arbeit ging über die eines Azubis deutlich hinaus. Ich denke, dass hat ihm nicht geschadet“, sagt Jansen und lacht.

Zurück zu Köhlers Arbeit als Fachkraft für Straßen- und Verkehrstechnik. In Mülheim, der Stadt der 1000 Einbahnstraßen. Ist Köhler jetzt der Verantwortliche für Staus und zähflüssigen Verkehr in der Innenstadt? Zu seiner Zuständigkeit gehört immerhin die Planung von Umleitungen. Aber macht ihn das zum Schuldigen für lange Wartezeiten auf der Aktienstraße? So einfach sei es nicht, entgegnet der Azubi. „Klar verlaufen Umleitungen oder Baustellen manchmal chaotisch. Aber wenn man die Hintergründe kennt, wird einem schnell klar, dass es oft gar nicht anders geht.“