Mülheim. Die massive Kritik am Neuwaren-Verkauf auf Trödelmärkten zeitigt Folgen: Noch bevor es in die politische Sommerpause geht, soll die Stadtverwaltung Wege finden, der „Flut an Billigkaufhäusern unter freiem Himmel“ Einhalt zu gebieten.
Die Fraktionen im Rat reagieren auf die massive Kritik am Neuwaren-Verkauf auf Trödelmärkten, von denen es inzwischen im Jahr etwa 50 in Mülheim gibt. Noch vor der Sommerpause soll die Stadtverwaltung beauftragt werden, dieser „Flut an Billigkaufhäusern unter freiem Himmel“ einen Riegel vorzuschieben. Das Wie ist noch offen.
Ein breites Bündnis aus Vertretern des Einzelhandels, der Kirchen, von Verdi, der IHK und des Bundesverbandes der Schausteller und Marktkaufleute macht seit Wochen Druck gegen die Trödelmärkte, die in der Regel auf privaten Grundstücken stattfinden. Ziel des Bündnisses ist es, dass dort wieder Trödel verkauft und der Neuwaren-Anteil auf maximal zehn Prozent begrenzt wird.
Anteil der Neuwaren liegt bei 90 Prozent
Nach Beobachtungen liegt derzeit der Anteil an Neuwaren bei fast 90 Prozent.„Es gibt keinen Herkunftsnachweis der Waren, keine Kassen, keinen Arbeitsschutz, es werden Lebensmittel in der prallen Sonne verkauft, es gibt Kinderarbeit und Gestohlenes zu kaufen“, zählt Heinz-Wilhelm Paschmann, Einzelhändler und Vorstand im Einzelhandelsverband, auf. Dennoch passiere nichts in Mülheim. „Aber wenn ich in meinem Laden mal Zitronen falsch deklariere, werde ich bestraft.“
Von einem rechtsfreien Raum auf den Märkten sprechen Gewerkschafter, IHK und der Einzelhandelsverband. Sie sehen dadurch klassische Arbeitsplätze gefährdet und einen hohen wirtschaftlichen Schaden. Bestätigt fühlt sich das Bündnis durch ein Schreiben der Polizeipräsidentin Stephania Fischer-Weinsziehr an den Mülheimer Stadtdirektor Frank Steinfort. Darin heißt es: „Den Antworten meiner Mitarbeiter kann ich entnehmen, dass auch in meinem Haus besorgt registriert wird, dass Trödelmärkte beliebte Umschlagplätze für illegal hergestellte Produkte sind.“ Dass die Politik die Probleme sieht und reagiert, verbucht das Bündnis als „ersten Erfolg“, so Henrike Greven (Verdi).
Stadt hat auf privatem Gelände kaum rechtliche Handhabe
In der Stadt Emmerich oder auch in Rheinland-Pfalz, so Marc André Heistermann, Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes, seien Satzungen geschaffen worden, die den örtlichen Handel und die Innenstädte schützten. So etwas schwebt Heistermann auch für Mülheim vor. Bisher stieß man damit bei der Stadtverwaltung jedoch auf deutliche Bedenken. Die Stadt dürfe, so beurteilt Steinfort die Rechtslage, auf privaten Flächen weder einschränken noch Verkauf von Neuwaren verbieten. Der Stadt fehle dazu die rechtliche Handhabe.
Doch dies, so Jurist Heistermann, sei lediglich eine Sicht, die man nicht teile. Paul Heidrich, der im Bündnis für den Katholikenrat spricht, wirft Steinfort gar vor, tendenziös in der Sache zu handeln. Als „Oberbedenkenträger“ wird er bezeichnet. „Wir sollten erreichen“, so ein IHK-Sprecher, „dass die 90.000 Besucher, die sich an einem Sonntag auf dem Trödelmarkt im Rhein-Ruhr-Zentrum drängeln, in die Innenstadt kommen.“