Mülheim.

Die Warnung von Verdi-Sekretär Günter Wolf ist eindeutig: „Hände weg vom Kugelschreiber!“, rät er allen Mitarbeitern der Getränkemarktkette „Trink&Spare“. Denn nach seinen Informationen werden die Beschäftigten aktuell mit (neuen) Arbeitsverträgen konfrontiert.

Unterschreibt man sie, verzichtet man auf Gehaltsnachforderungen, die länger als drei Monate zurückliegen. Doch das Unternehmen steht in Verdacht, jahrelang sittenwidrige Löhne gezahlt zu haben. Eine 400-Euro-Kraft fordert rückwirkend insgesamt über 13 500 Euro (wir berichteten). Dies wäre mit dem neuen Vertrag nicht mehr möglich. Wolf: „Wer das unterschreibt, gibt Rechtsansprüche preis.“

Keine Arbeitsverträge und stittenwidrige Löhne

Bisher hatten die in den Getränkemärkten Angestellten laut Günter Wolf, der im Verdi-Bezirk Mülheim-Oberhausen für den Bereich Einzelhandel zuständig ist, gar keine Arbeitsverträge. Für den aktuellen Streit sei das natürlich von Vorteil, räumt er ein, dies mache die unbefristete Rückzahlung möglich. Der Verdi-Sekretär hat von Beschäftigten der Kette noch weitere Einzelheiten des neuen Vertrags erfahren: Statt fünf Euro Stundenlohn wird auf sechs Euro erhöht.

Laut Rechtsprechung ist dies immer noch „sittenwidrig“. Ein Lohn wird so bezeichnet, wenn er ein Drittel unter Tarif liegt – und der beläuft sich in NRW aktuell auf 10,55 Euro pro Stunde. Zugleich werde in dem vorliegenden neuen Arbeitsvertrag die Arbeitszeit gesenkt: von bisher 80 auf 66 Stunden. Für Günter Wolf ist dies ein klares Zeichen: „Denen steht das Wasser bis zum Hals.“

Frist für Unternehmen läuft ab

In der kommenden Woche läuft die Frist, die Verdi dem Unternehmen für die Zahlung der 13 500 Euro gesetzt hatte, ab. Bisher erreichte das Gewerkschaftsbüro nur ein Schreiben der gegnerischen Anwälte, in dem, so zitiert Wolf, eingeräumt wird, dass das Arbeitsverhältnis „fehlerhaft geführt wurde“.

Inzwischen ermittelt auch die Staatsanwaltschaft. Ihr gegenüber wird Verdi nun die Beschäftigten als Zeugen benennen. Neben der Frau sind es mindestens zwei weitere Minijobber, die Löhne im mittleren vierstelligen Bereich nachfordern.

Zudem, sagt Günter Wolf, „werden wir die Strafanzeige in der kommenden Woche erweitern“. Grundlage dafür ist ein Handelsregisterauszug, den er sich besorgt hat und in dem neben dem bereits bekannten Geschäftsführer Peter A. Brochhagen ebenfalls Jörg Mellis als Geschäftsführer sowie Arne Schmidt als Prokurist aufgeführt seien.

Mellis ist auch Mitglied der Geschäftsleitung der gleichnamigen Mülheimer Mineralwasserabfüllung. Auch sie, so der Wunsch der Gewerkschaft, sollen sich vor Gericht verantworten. Das Vergehen kann Günter Wolf aus dem Effeff nennen: „Lohnwucher. Das mögliche Höchststrafmaß beträgt drei Jahre.“ Wichtiger jedoch wäre eine faire Entlohnung der Mitarbeitenden.