Mülheim.

Erneut droht der Stadt Ungemach wegen eines Bebauungsplans. Anwohner rund um die Dimbeck stellen sich gegen einen Umzug des IT-Konzerns Easy Software in das lange leerstehende Bürogebäude an der benachbarten Bismarckstraße.

Sie wollen klagen, falls die Stadt die Ansiedlung ohne Weiteres zulässt. Wie berichtet, will die Easy Software AG im Frühjahr 2012 von ihrem Standort am Hauptbahnhof ins Gebäude an der Bismarckstraße 47 ziehen, um dort statt 3500 dann 4200 m² zur Verfügung zu haben. 135 Mitarbeiter beschäftigt „Easy“, man will weiter wachsen. Der neue Standort soll vor allem auch ermöglichen, dass der Schulungsbereich räumlich eigenständig organisiert werden kann.

Nachbarn sind gegen Einzug

Nachbarn der Wunschimmobilie sind, wie berichtet, gegen den Einzug des Unternehmens. Das passe nicht hinein mitten ins Wohngebiet, sagt eine Initiative von mittlerweile 15 Parteien, die sich regelmäßig zum Austausch trifft und Politik und Verwaltung ihre Bedenken bereits im April mitgeteilt hat. Die Anwohner fürchten eine unerträgliche Verkehrsbelastung in der Tempo-30-Zone der Dimbeck, Gefahren für spielende Kinder und Parkplatznot.

Hier ist der Haken, den die Initiative setzt. Im gültigen Bebauungsplan ist schon 1966 festgeschrieben worden: „Die Verkehrsentwicklung auf der Oberen Saarlandstraße und auf der Bismarckstraße im Bereich der Einmündung in die Bundesstraße 1 führt zunehmend zu einer Beeinträchtigung der angrenzenden Grundstücke.“ Auch ist für das besagte Bürogebäude die maximale Zahl von 48 Stellplätzen für Pkw festgeschrieben.

"Hier sind Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans erforderlich"

Easy Software plant indes mit 110 Stellplätzen mit Zufahrt von der Dimbeck. Ein Teil der Stellfläche ist dabei im Bebauungsplan nicht für solche Zwecke bestimmt. Zudem, so schrieb Planungsamtschef Martin Harter auf Anfrage der Initiative, überschreiten die Pläne von „Easy“ das maximal zulässige Maß der baulichen Nutzung des Grundstücks. „Hier sind Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans erforderlich“, so Harter. Diese könne sein Haus jedoch erteilen, da Gründe des Allgemeinwohls (Arbeitsplätze!) dafür sprächen, die Abweichung städtebaulich vertretbar sei und die Pläne „auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar“ seien. Harter bestätigte der Initiative, dass die Politik in nichtöffentlicher Sitzung des Planungsausschusses am 14. Dezember des Vorjahres eben solche Befreiungen „zustimmend zur Kenntnis genommen“ habe.

Die Initiative beklagt Ignoranz gegenüber ihren Einwänden seitens der Stadt. Ebenfalls nicht gut zu sprechen sind die Anwohner auf SPD, CDU und Bezirksvertretung, die – allesamt angeschrieben – bislang keine Position bezogen hätten. Lange habe man um handfeste Aussagen der Verwaltung kämpfen müssen. Insgesamt seien Antworten auf vielerlei Briefe „ziemlich dürftig“ gewesen, so Andreas Herrmann, der an der Stiftstraße wohnt. „Das Gebiet hier“, sagt er, „verträgt keine weitere Verkehrsbelastung.“

Anwohner fordern ein ordentliches Bebauungsplanverfahren

Er, Rüdiger Gerlach sowie Christine und Carsten Dubrau bekräftigten nun ihren Willen, notfalls juristisch gegen die Stadt vorzugehen. Ihr wirft die Initiative vor, dem Begehren von Easy Software allzu großzügig nachkommen zu wollen, dabei sei der gültige Bebauungsplan doch auch als „Sicherheit für Anwohner“ zu verstehen. Die Anwohner fordern ein ordentliches Bebauungsplanverfahren. Dann, so glauben sie, würde ein Verkehrsgutachten ebenso notwendig wie die Prüfung, ob ein Bürogebäude, das lange leer ­stand, überhaupt noch verträglich sei inmitten des „reinen Wohngebietes“.