Mülheim. Sinkende Mitgliederzahlen der Kirche machen Schlagzeilen. Aber: Jedes Jahr treten auch Menschen in die Kirche ein: 2010 in Mülheim 124 in die evangelische Kirche. In die katholische Kirche traten 2009 - das ist die aktuellste Zahl - 22 Leute ein.
Das Weniger ist öfter Thema: Sinkende Mitgliederzahlen der evangelischen wie der katholischen Kirche machen eher Schlagzeilen, weil Kirchenaustritte letztlich Fusionen, Schließungen, Reduzierungen bedingen. Doch es gibt auch ein Mehr. Jedes Jahr treten Menschen wieder in die Kirche ein.
Kircheneintritt – das Wort muss man zunächst definieren, damit die folgenden Zahlen stimmen. Natürlich hat Annika Lante, Pressereferentin des Evangelischen Kirchenkreises, recht, wenn sie anführt, dass Taufen die Kirchenmitgliedschaft begründen, also rein formal Kircheneintritte sind. Dennoch bleiben sie diesmal außen vor.
Auf Erwachsene, die bereits getauft sind und sich bewusst entscheiden, in die evangelische oder katholische Kirche (wieder) einzutreten, wird nun statistisch geblickt. Wobei die katholische Kirche in diesem Fall von „Wiederaufnahmen“ spricht. Kircheneintritte bedeuteten da Konversion.
22 Wiederaufnahmen in die katholische Kirche im Jahr 2009
Die aktuellsten Zahlen, die vom Bistum Essen für Mülheim vorliegen, betreffen das Jahr 2009: 22 Wiederaufnahmen in die katholische Kirche weist die Statistik auf, zudem konvertierten zwei evangelische Christen. Während der Austritt sehr einfach und mit einer Unterschrift beim Amt getan ist, sagt Stadtdechant Michael Janßen, ist die Wiederaufnahme nicht so schnell erledigt. Ein Gespräch mit dem Ortspfarrer zählt er auf, in dem man die Gründe für Ein- und Austritt darlegen muss. Dann geht das Ganze ans Bistum Essen.
Sehr individuelle Gründe erfährt der Stadtdechant in diesen Gesprächen: die Suche nach Gemeinschaft in der Gemeinde, der Wunsch nach Zugehörigkeit, die nach dem Austritt fehlte. Die Kirchensteuer, der klischeebehaftete Grund für den Austritt, bringt da einige gar zurück in die Kirche. „Ich habe mit Menschen gesprochen, denen es wichtig war, katholische Einrichtungen mitzufinanzieren“, sagt der Stadtdechant.
Vor allem junge Menschen treten in die evangelische Kirche ein
Diese Erfahrung hat Dr. Nina Gutmann ebenfalls gemacht. Sie ist Leiterin der evangelischen Ladenkirche, die eine offizielle Kircheneintrittsstelle ist. 54 Menschen traten im Jahr 2010 an der Kaiserstraße 4 in die evangelische Kirche ein, stadtweit waren es insgesamt 124. Zum Vergleich: 2009 waren es in Mülheim 131.
Vor allem „junge Menschen“ treten laut Nina Gutmann in die evangelische Kirche ein: „90,7 Prozent sind im arbeitsfähigen Alter.“ Und viele von ihnen sehen es „als einen Beitrag, weil die Kirche viele soziale Einrichtungen hat und unterstützt“.
Dabei, sagt Nina Gutmann, seien Begründungen beim Kircheneintritt eigentlich unnötig: „Wir gehen davon aus, dass sich erwachsene Menschen diesen Schritt gründlich überlegt haben und ihre Gründe haben. Wir fragen sie nicht aus. Aber die Erfahrung zeigt, dass viele das Bedürfnis haben, zu reden.“ Auch bei der evangelischen Kirche ist ein Gespräch mit einem Pfarrer nötig. Denn, sagt Nina Gutmann: „Der Antrag ist nur ein Wisch. Wichtig ist, dass die Menschen sich in der Kirche willkommen fühlen.“