Mülheim. In der Evangelischen Gemeinde Speldorf ist ein Ostergarten gewachsen, bevölkert von 119 getöpferten Figuren. Bis zum 8. Mai sind die zwölf Stationen des selbstgebauten Kreuzweges im Garten der Kirche am Brandenberg zu sehen.

Der Judas war schnell gefunden. Über Pilatus jedoch diskutierten die Jugendlichen länger. Eine markante Type wollten sie dafür haben, eine mit fiesen Zügen. Am Ende wurde es ein echter Charakterkopf mit Hakennase. Vor den Toren seines Palastes steht er nun, Jesus zu seinen Füßen – und in dessen verzerrtem Gesicht steht Schmerz geschrieben.

Emotionen, die Gemeindeglieder der Evangelischen Kirchengemeinde Speldorf selbst in die Figuren legten. Kinder, Jugendliche und Erwachsene bauten die Passions- und Ostergeschichte nach und auf. Der Kreuzweg ist noch bis zum 8. Mai im Gemeindegarten zu sehen.

Konfirmanden gestalteten Tonköpfe

„Eine Sternstunde“ nennt Pfarrer Matthias Göttert jene 60 Minuten Anfang Januar und meint es natürlich augenzwinkernd. Wenn fünfunddreißig 13-Jährige ganz still, konzentriert und engagiert kreativ arbeiten, ist das eben nicht alltäglich. Doch eben das taten die Konfirmanden der Gemeinde als sie die Aufgabe bekamen, Tonköpfe zu gestalten, die die Menschen repräsentieren, die in der Passions- und Ostergeschichte agieren.

„Die Jugendlichen konnten da ganz viel von sich reinlegen“, sagt Göttert und dass es eben darum ging: Die Töpfernden – neben den Konfis auch die Kindergottesdienstkinder im Alter von fünf bis zehn und erwachsene Gemeindeglieder – sollten sich selbst in der Geschichte wiederfinden, sich gestalterisch ausdrücken und nach den Emotionen hinter der Handlung suchen. Das erklärt dann auch die Vielfalt der Gesichter, knubbelnasige Männchen sind dabei, geschockte Gesellen und coole Typen samt Sonnenbrille.

Auf Holzstangenkörper montiert

Genau 119 verschiedene Figuren sind so entstanden. Die Tonköpfe wurden auf Holzstangenkörper montiert, Hände aus Fimo geformt, und der Nähkreis der Gemeinde zog den Figuren Kleider an. Auch der Männerkreis war am Aufbau des Passions- und Ostergartens hinter der Speldorfer Kirche beteiligt und übernahm Handfestes: Die Männer bauten Unterstände, die die Werke schützen sollen.

Zwölf Stationen, ein Kreuzweg ist so entstanden, den man sich nun im Rund gegen den Uhrzeigersinn erlaufen kann, diese „Achterbahn der Gefühle“, wie Pfarrer Göttert es nennt.

Schützende Unterstände aus Holz

Der Garten steht allen Interessierten jeden Tag offen, und viele nutzen diese Möglichkeit, für einen Moment innezuhalten. „Einige gehen nur mal zehn Minuten durch, andere verbringen hier Stunden“, berichtet der Speldorfer Pfarrer und erzählt von einem Picknick inmitten des Kreuzweges. Auch das sei okay, denn die verschiedenen Gesichter, in den alle Emotionen vom Schock der Kreuzigung bis zur Freude der Auferstehung abzulesen sind, zeigten: „Gott ist nichts Menschliches fremd.“

Der Ostergarten der Evangelischen Kirchengemeinde Speldorf ist noch bis zum Sonntag, 8. Mai, im Garten der Kirche am Brandenberg, Friedhofstraße 140, zu sehen. Es ist nicht das erste Mal, dass die Speldorfer einen Kreuzweg aufstellen; zuletzt taten sie dies 2007. Viel Regen setzte den Puppen damals jedoch so zu, dass die Figuren in diesem Jahr komplett neu gestaltet wurden. Deshalb baute der Männerkreis auch schützende Unterstände aus Holz. Rund 1000 Euro kostete der Ostergarten, die jedoch gespendet wurden. Aufgebaut wurde das Dorf von den Konfirmanden, die so ihr „Konfi-Praktikum“ absolvierten.