Mülheim. . Der Friseurmeister Martin Espe bekam im Januar einen Strafzettel während er vor seinem Salon parkte, um Waren ins Lager zu schaffen. Er weigerte sich zu zahlen und musste vor Gericht. Das Verfahren wurde jetzt jedoch eingestellt.
Eigentlich wollte Martin Espe nur einige Kartons ausladen. Dass ihn das mal vor Gericht bringen würde, hätte er im Januar noch nicht gedacht.
Damals parkte er zum Ausladen gegen 21 Uhr vor seinem Friseurgeschäft an der Eppinghofer Straße, eine Hälfte des Wagens ragte in die Feuerwehrzufahrt. Nach kurzer Zeit fand er ein Knöllchen an seiner Windschutzscheibe. Er weigerte sich zu zahlen, musste vor Gericht. Das Verfahren wurde jetzt eingestellt, zahlen muss Espe nicht. Nun wünscht er sich auch im Namen seiner Nachbarn mehr Kulanz von Stadt und Polizei, was das Verteilen von Strafzetteln angeht. „Schließlich sind wir nur noch wenige Händler, die in der City die Stellung halten.“
"Man hätte mich mündlich verwarnen können"
„Offiziell liegt die Anlieferzeit zwischen sechs und elf Uhr morgens“, erklärt Martin Espe, der seit sechs Jahren den Friseursalon auf der Eppinghofer Straße betreibt. „Es kommt ab und zu vor, dass ich in den späten Abendstunden schwere Sachen auslade und dafür vor dem Laden parke – doch das ist nicht die Regel“, sagt der 38-Jährige.
Im Januar schaffte er von dort aus einige Kartons aus dem Kofferraum in sein Warenlager im Laden. „Genau in diesen zehn Minuten hat mir die Polizei ein Knöllchen an den Wagen geheftet“, ärgert sich der Friseurmeister. „30 Euro, obwohl ich dort um diese Uhrzeit niemanden gestört oder behindert habe.“ Und findet: „Da ich in meinem Geschäft war, hätte man mich ansprechen oder mündlich verwarnen können, ich wäre sofort weggefahren.“
Strafzettel um 21 Uhr ist "höchst unsensibel"
Er weigerte sich zu zahlen, schrieb Widersprüche und bekam schließlich eine Vorladung von der Staatsanwaltschaft. „Ich habe es darauf ankommen lassen.“ Denn es geht ihm ums Prinzip: „Polizei und Stadt sollten uns eh schon geplagten Händlern gegenüber mehr Wohlwollen zeigen.“ Die Richterin am Amtsgericht stellte das Verfahren ein.
„Wir haben vereinzelt von ähnlichen Fällen gehört“, sagt Jürgen Bosch, zweiter Vorsitzender der Werbegemeinschaft (WGI). Dass die Polizei um 21 Uhr Strafzettel verteilt findet Bosch „höchst unsensibel.“ Und wünscht sich in diesem Zusammenhang: „Dass das Ordnungsamt großzügiger mit Ausnahmegenehmigungen für Händler verfährt.“
"Grundsätzlich ist die Uhrzeit belanglos"
Die Ordnungsbehörde steht derweil zwischen den Fronten: „Natürlich versuchen wir mit Fingerspitzengefühl vorzugehen und im Einzelfall zu entscheiden“, erklärt Bernd Otto, stellvertretender Leiter des Ordnungsamtes. Doch es sei ein schmaler Grat, auf dem sich seine Mitarbeiter bewegten. Schließlich gelte es, die Belange aller abzuwägen, die der Händler genauso wie die Einhaltung der Straßenverkehrsordnung. Dies gelinge natürlich nicht immer, auch wenn sich seine Mitarbeiter größte Mühe geben – das sei eben nur menschlich.
Die Polizei verweist auf den Verwarn- und Bußgeldkatalog: „Grundsätzlich ist die Uhrzeit belanglos“, erklärt Polizeisprecher Peter Elke. „Ob man um 21 Uhr oder um 8 Uhr im Halteverbot steht spielt keine Rolle – es bleibt ein Verstoß.“ Der Ermessensspielraum der Beamten sei relativ gering, Ausnahmen würden höchst selten gemacht. „Natürlich will die Polizei nicht gezielt Geschäftsinhaber vergraulen, doch Verstöße müssen geahndet werden – ohne dabei die richterliche Entscheidung infrage stellen zu wollen.“ Und räumt ein: „In diesem Fall hätten beide Seiten vielleicht etwas mehr Langmut zeigen sollen.“