Mülheim. . Es gibt viele Berührungsängste beim Umgang mit Behinderten. Um diese abzubauen, organisierten die Realschule Broich und die Rembergschule gegenseitige Besuche, bei denen die Schüler fotografierten. Einige der Bilder zeigt die Camera Obscura im Mai.

Wenn die Worte fehlen, sagt ein Bild mehr. Diese Idee steckt hinter dem integrativen Fotoprojekt, das die Realschule Broich gemeinsam mit der Rembergschule initiierte. Sieben Realschüler trafen dabei auf sieben Rembergschüler. Sie besuchten – ausgestattet mit Fotoapparaten – die Schulen und den Unterricht der anderen, lernten einander kennen und hielten diese Begegnungen fotografisch fest. Eine Auswahl der Bilder wird im Mai in der Camera Obscura zu sehen sein.

3000 Bilder an drei gemeinsamen Tagen

Dass digitale Fotografie Fluch und Segen zugleich sein kann, zeigt der Blick durch den Broicher Klassenraum. Dicht an dicht liegen dort die Abzüge der Digitalfotos, (aus)sortiert, gestapelt, ausgebreitet. Wenn ein Bild mehr sagt als 1000 Worte, wie viel haben dann wohl 3000 Fotos zu erzählen? So viele Fotografien entstanden an den drei Tagen, die die Realschüler und die Rembergschüler miteinander verbrachten.

Das erste Treffen fand unter Leitung von Dr. Jörg Schmitz, pädagogischer Mitarbeiter des Museums, in der Camera Obscura statt. Eine Einführung in die Technik gab es dort, einen Einblick in Ausschnitt und Perspektive. Umgesetzt wurde das Gelernte bei gegenseitigen Besuchen. Da knipsten die Jugendlichen drauf los, inszenierten den Blick auf die eigene und die fremde Schule, zoomten ohne Scheu und Scham ganz nah ran. Und so nennt Rembergschulleiter Peter Kalde das Projekt dann auch eine „optimale Sache. Alle Schüler sind handelnde und entscheidende Akteure und lernen sich darüber auf natürliche Weise kennen.“

Abbau von Berührungsängsten gelungen

Diesen integrativen Aspekt hatte Carmen Speckin, Lehrerin der Realschule Broich, besonders im Blick, als sie die Idee zur schulübergreifenden Foto-AG entwickelte: „Es gibt viele Berührungsängste beim Umgang mit Behinderten. Aber ich weiß, wie viel es Schülern bedeuten kann, diese zu überwinden.“ Natürlich war die Unsicherheit im Vorfeld bei Real- wie Rembergschülern groß. „Alle hatten total Schiss“, sagt auch Gabi Schmitz-Kilimann, Lehrerin der Rembergschule. Bei den Broichern war der ihrer Meinung nach sogar noch größer, aber: „Als die erste Begegnung geschafft war, waren alle total befreit.“ Und ungezwungen. Das ist bei auch bei der Fotoauswahl zu spüren: Alle stehen um die Tische herum, schauen sich die Bilder an, bewerten, suchen aus. Alle sind gleichberechtigt, man nimmt sich ernst, macht gemeinsame Sache.

„Ich hatte zuerst schon Sorge, ob sich Leute von den Fotos angegriffen fühlen, die wir machen“, muss Lea einräumen. Dass auch Realschullehrer skeptisch waren, berichtet die 14-Jährige: „Einige meinten, wir wollten nur zeigen, was wir können und dass wir besser sind. Aber das war nicht so.“ Im Gegenteil: „Ich hab viel von den anderen gelernt. Ich fand’s gut, zu sehen, wie sie sind. Und ich fand’s toll zu zeigen, so sind wir.“

Das soll auch die Ausstellung in der Camera Obscura vermitteln. Beide Schulen werden da fotografisch gegenübergestellt: volle Lehrerzimmer in der Realschule gegen verwaiste Pausenräume in der Rembergschule, Schulhof gegen Schulgarten, verwackelte Bilder im Sportunterricht – mal mit, mal ohne Rollstuhl, aber immer mit viel Spaß.