Mülheim. Telefonische Auskünfte zu bekommen, ist nicht immer einfach - gerade, wenn der Anrufer in einem Callcenter landet. Einige Mülheimer Betriebe setzen (wieder) auf Beratung vor Ort. Andere Unternehmen lassen Bürgernähe vermissen und fallen negativ auf.

Nah am Bürger oder kein Service unter dieser Nummer? Manche Mülheimer Betriebe wie Medl oder MEG setzen (wieder) auf eine Beratung vor Ort statt anonyme, aber meist günstigere Callcenter zu beauftragen. Wo hängt Kunde König in der Warteschleife, wo wird der rote Teppich ausgerollt? Ein Test.

Hier jedenfalls nicht: Auf Tuchfühlung mit dem Klienten will man bei „Ihrer Agentur für Arbeit“ nicht gerade gehen. So schildert es Martina K. (Name geändert). Der dringend erbetene Rückruf zu ihrer Sachbearbeiterin wurde auf die Service-Hotline umgeleitet. Dort sollte sie erst einen Termin ausmachen. „Unpersönlich“, kritisiert K., jedes Mal ist jemand anderes dran.

„Wir sind gleich persönlich für Sie da“

Der Kunde – das unbekannte Wesen. Auch als wir die Agentur für Arbeit anwählen, heißt es bei Anruf „Menü“: Erst einmal sollen wir zwischen zwei (Hartz IV), fünf (Kindergeld) und acht (andere Anliegen) entscheiden. Geht aber nicht, wenn man kein Telefon hat, das bei Tastendruck einen Ton abspielt (tone dialing). Also legen wir auf. Und werden automatisch zurückgerufen – von der Service-Hotline: „Wir sind gleich persönlich für Sie da“, hängt uns eine Stimme in die Warteschleife. Immerhin: Nach 30 Sekunden haben wir eine Dame aus Essen am Apparat. Über sie müssten wir nun einen Termin mit der Mülheimer Sachbearbeiterin ausmachen. Umständlich: Das dauere bis zu zwei Werktage, in diesem Fall (Freitagmittag) müssten wir schlimmstenfalls bis Dienstag warten.

„Persönlich für Sie da“ sollte anders klingen, die Dame vom Callcenter bittet jedoch um Verständnis: „Die Sachbearbeiter führen in ihrer Dienstzeit durchgehend Kundengespräche.“ Es wäre störend, wenn sie dazwischen oder mitten drin noch ans Telefon gehen müssten. Kostenpunkt für unser Gespräch: 2,9 Cent die Minute (Festnetz), maximal 42 Cent/Minute mit dem Mobiltelefon, sagt die Callcenter-Kraft.

Es dauert keine drei Sekunden, bis abgenommen wird

Weniger „störend“ wird man offenbar beim Bürgerservice der Stadt empfunden. Es dauert keine drei Sekunden, bis abgenommen wird, fast wundert sich Mitarbeiterin Brigitte Kirk selbst: „wenig los heute“. Etwa 20 Stadtangestellte, Azubis und Halbtagskräfte hängen in der Regel an der Strippe, so die Auskunft, um Bürgerbelange entgegenzunehmen. Heute sind es nur neun. Hinzu kommen die Außenstellen am Technischen Rathaus und an der Ruhrstraße. „Wo sitzen Sie?“, ist derzeit die häufigste Frage – seit die Abteilungen wegen Umbaus aus dem Rathaus ausziehen mussten.

Bürgernähe hat aber seine Vorteile, selbst wenn sie der Kunde am Ende bezahlen wird. Bewusst habe man etwa bei Medl vor einem Jahr auf einen Kundenservice aus eigenen Mitarbeitern gesetzt, sagt Geschäftsführer Hans-Gerd Bachmann, „die Mitbewerber haben andere Systeme, aber als Platzhirsch muss man aufrüsten“. Der Service soll als Wettbewerbsargument dienen. Keine Warteschleife bei unserem Testanruf, nach wenigen Sekunden ist man mit einer Mitarbeiterin verbunden. Bis zu 4000 Anrufe gehen monatlich ein, gibt der Leiter der kaufmännischen Verwaltung, Peter Dehne, Auskunft. Die Anfragen reichen von der Energieberatung, Umzugsmeldung bis zu Fragen zur Abrechnung. Seit dem Start des Servicecenters stockte das Unternehmen von vier auf acht Mitarbeiter auf, mehr sind es, wenn die Jahresabrechnung an die Kunden geht.

„Er wird rund um die Uhr betreut“

Eine ähnliche Strategie fährt die Mülheimer Entsorgungsgesellschaft: Eine „größere fachliche Kompetenz“ sieht Anja Fuhrmann vom MEG-Bürgerservice als Vorteil gegenüber dem häufig kostengünstigeren Callcenter an. Bis zu 75 000 Anrufe werden im Jahr von vier Mitarbeitern entgegengenommen.

Die Sparkasse mischt ihr Angebot: Nach Büroschluss wird der Kunde mit einem Callcenter verbunden. Diese haben zwar keine Bankerausbildung, aber können den Berater vor Ort benachrichtigen. Nutzen für den Kunden? „Er wird rund um die Uhr betreut“, so die Mitarbeiterin.