Mülheim. Bis 2015 sollen Grundbesitzer laut Landeswassergesetz ihre Leitungen prüfen lassen. Eigentümer in Mülheim fürchten Stress und Kosten. Während sie auf eine offizielle Fristverlängerung hoffen, beschwichtigt die Verwaltung mit Kulanz-Versprechen.
Das Landeswassergesetz schreibt allen Grundbesitzern mit Anschluss ans öffentliche Kanalnetz vor, bis Ende 2015 ihre Leitungen von einem Sachverständigen prüfen zu lassen und Schäden beheben zu lassen. Gleichzeitig hält NRW-Umweltminister Johannes Remmel den Städten die Möglichkeit offen, die Bürgerpflicht zur Dichtheitsprüfung bis zum Jahr 2023 zu strecken. Eine Fristverlängerung käme manch einem Eigentümer wohl ganz recht – nur sträubt sich die Mülheimer Verwaltung bislang, eine entsprechende Satzung vorzulegen.
20.000 Dichtheitsprüfungen sind bis 2015 nachzuweisen
Erst Ende Januar biss die CDU mit dieser Forderung im Umweltausschuss auf Granit. Eine Fristverlängerung um acht Jahre, so die CDU, „hilft den betroffenen Grundstückseigentümern, damit sie zusätzliche Rücklagen für die Untersuchung und für eventuell anfallende Kosten für die anschließend fälligen Sanierungs- und Reparaturmaßnahmen bilden können“. Gleichzeitig beuge eine zeitliche Entzerrung der Gefahr vor, dass sich Eigentümer in der Eile auf unseriöse „Sachverständige“ einließen und sie am „überhitzten Markt Wucherpreise akzeptieren“ müssten. Schließlich sind allein in Mülheim 20 000 Dichtheitsprüfungen bis 2015 nachzuweisen. Hinzu kommen 4000 Prüfungen in Trinkwasserschutzzonen. Für diese ist ohnehin keine Option zur Fristverlängerung gegeben.
Der Vorstoß der CDU scheiterte vorerst am Beratungsbedarf der SPD. Die Verwaltung, das machte Umweltamtsleiter Dr. Jürgen Zentgraf im Ausschuss deutlich, will diese Satzung nicht. Das Umweltamt glaubt, den Bürgern durch eine verwaltungsinterne Regelung entgegenkommen und damit der Intention des CDU-Antrags entsprechen zu können. So sollen die Bescheinigungen nicht bis zum 31. Dezember 2015 eingefordert werden, sondern peu à peu in einem Zeitraum bis Ende 2032 – rund 1200 Grundstücke pro Jahr sollen „abgearbeitet“ werden. Darüber werde man die Grundeigentümer schriftlich informieren. Die Stadt gibt sich gönnerhaft: Bürger, die zum vorgesehenen Stichtag – „(versehentlich)“ – noch keine Prüfbescheinigung vorlegen könnten, könnten dies unter Berücksichtigung der vor Ort vorgesehenen Bauprojekte noch sanktionsfrei nachholen.
Rechtlich nicht angreifbar
Das NRW-Umweltministerium hält dies für untauglich, um Bürgern rechtssicher eine Frist zu verlängern. Beim „Mülheimer Modell“, so ein Sprecher des Hauses, bliebe die gesetzliche Frist bindend. Grundsätzlich habe auch ein Eigentümer, bei dem die Bescheinigung gar erst im Jahr 2032 eingefordert werde, eine Prüfung vor Ende 2015 nachzuweisen. Die Stadt könne sich zwar mit dem Abarbeiten der 24 000 Fälle Zeit lassen. Aber die Regelung bringe Eigentümern nichts; wer eine Fristverlängerung wolle, müsse dies in einer Ortssatzung regeln.
Rechtlich sei das Mülheimer Verfahren „wohl nicht angreifbar“. Gleichwohl kritisiert das Ministerium, dass es „nicht im Sinne des Gesetzes“ sei, wenn sich die Stadt für die eigene Kontrollpflicht 16 Jahre Zeit nehme. Wie Verlautbarungen zu entnehmen ist, will das Ministerium die Stadt zu einer anderen Regelung drängen. Man sähe es wohl auch nicht gerne, wenn die Stadt ab 2016 tausendfach „übersieht“, das heißt: stillschweigend akzeptiert und nicht ahndet, wenn eine Prüfung verspätet in Auftrag gegeben worden ist. Denn das ist die einzig denkbare, aber eigentlich gesetzeswidrige „Kulanzregel“ im eigenwilligen Mülheimer Modell.