Mülheim. Zum Jahrestag der Befreiung von Auschwitz wurde auch der Mülheimer Opfer gedacht. Neben Vertretern aus Politik und Religion kamen viele Bürger zum Jüdischen Friedhof. Patrick Marx von der Jüdischen Gemeinde betonte die Bedeutung des Erinnerns.
Wahrscheinlich waren es mehr als 96 Opfer. Doch wie viele Mülheimer genau in Auschwitz ums Leben kamen, lässt sich heute nur noch schwer rekonstruieren. Um dieser Opfer des NS-Regimes zu gedenken, legten gestern Vertreter aus Religion, Stadt und Politik Kränze auf dem Jüdischen Friedhof an der Gracht nieder. An der Gedenkfeier nahmen aber nicht nur Offizielle teil. Auch Jugendliche und einige Zeitzeugen kamen, um an die Toten zu erinnern.
Seit 15 Jahren wird am 27. Januar weltweit der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz gedacht. „Wir wollen der Erinnerung Namen geben“, sagte Bürgermeisterin Renate aus der Beek, die eine Rede am Mahnmal des Friedhofs hielt. Auch Patrick Marx aus dem Vorstand der Jüdischen Gemeinde Duisburg, Mülheim, Oberhausen, richtete Worte an die Besucher, vor allem an die Jugendlichen. „Das Gedenken ist wichtig, um das Gefühl der Verantwortung zu vermitteln.“
„Ich hatte das Gefühl, kommen zu müssen"
„Ich war damals sieben Jahre alt, als sie in Mülheim begannen, jüdische Geschäfte anzuzünden“, sagt eine ältere Dame, die ihren Namen nicht nennen möchte, aber Bewegendes zu erzählen hat. Sie ist heute auf den Jüdischen Friedhof gekommen, weil sie das Bedürfnis hatte, der Opfer zu gedenken. „Ich hatte das Gefühl, kommen zu müssen, als Christin, als Mensch und für meinen Vater“, sagt die 80-Jährige. „Der war früher Kommunist und hatte viele jüdische Freunde, genau wie meine Geschwister.“ Doch plötzlich wurden die Freunde verfolgt, einige verschwanden. „Das war sehr schlimm. Diese Zeit hat mich stark geprägt.“
Während die 80-Jährige an ihre eigenen Erfahrungen erinnert wird, haben die Schüler weniger Bezug zu den Verbrechen der Vergangenheit. Klassen der Hauptschulen Bruchstraße und Speldorf sind gekommen, außerdem Jugendliche des Gymnasiums Heißen. „Wir kennen die NS-Zeit nur aus dem Unterricht“, sagt der 18-jährige Dustin. „Und von Erzählungen der Großeltern“, werfen Hannah (18) und Maike (18) ein. „Mein Opa wurde mit 17 Jahren eingezogen und erzählt oft von seiner Zeit im Krieg“, sagt Maike. „Außerdem waren wir mit der Schule bereits in Auschwitz. Nach diesem bewegenden Besuch bekommt eine solche Gedenkfeier einen ganz anderen Wert.“